Donnerstag, 3. September 2009

Aktuelles (Stand 01.09.09, Heft 3/09)


Aktuelles
(zusammengestellt von B. Knochel, Redaktionsschluss 01.09.09)
Politisch-wirtschaftliche Situation
Am 21. Juni fand der zweite Wahlgang der diesjährigen Senatswahlen statt. 24 Kandidaten waren es noch, die zur Verteilung von 11 Senatssitzen antraten. Die Wahlbeteiligung lag nach offiziellen Angaben höher als beim ersten Anlauf – bei ca. 10 Prozent! Doch aufgrund von Unregelmäßigkeiten in mindestens einem Bezirk – man spricht von einem Toten, von mehreren Verletzten, Wahlbetrug und Diebstahl von Material – wurden die neu gewählten Senatoren nicht wie durch das Wahlgesetz vorgeschrieben binnen 72 Stunden bestätigt, sondern stritten sich auch Ende August noch mit den bereits tätigen Senatoren um den Modus dieer Amtshandlung. Am 4. September, also fast elf Wochen nach der Wahl, sollte es weitergehen....
1,2 Mrd USD Altschulden sollen Haiti nach einem Beschluss verschiedener Gläubiger von Ende Juni erlassen werden.
20,5 Mio USD wird das Land von der Weltbank als Aufbau-Hilfe für die im vergangenen Jahr zerstörten und beschädigten Schulen erhalten, weitere 25 Mio USD als Unterstützung für die von der Regierung geplanten Reformen.
Während Parlamentarier der Regierung vorwerfen, Gelder aus dem Nothilfe-Fonds der Geberländer verschwendet zu haben, verkündet Premierministerin Pierre-Louis neue Sparmaßnahmen: Es wird keine neuen Autos für den staatlichen Fuhrpark geben, und kein vierzehntes (14.!) Monatsgehalt für die 60.500 Staatsbediensteten. Was diesen nach mehreren Jahren des Bezugs nicht schmeckt, obwohl ihre Gehälter weit über den gesetzlichen Mindestlöhnen liegen, über deren Erhöhung von derzeit 70 hD/Tag (ca. 1,70 USD) auf 200 hD (ca. 5 USD) seit Monaten gestritten wird, immer wieder auch mit Demonstrationen, verletzten Zivilisten und Blauhelmen.
Wie üblich spielt sich dies alles meist in der Hauptstadt Port-au-Prince ab. Aus Gonaives wurde Anfang August die Landung eines Kontingentes kubanischer Evakuierungs-Spezialisten gemeldet. Die Angst, dass einer der für dieses Jahr angekündigten elf Tropenstürme Haiti und speziell Gonaives trifft und zu ähnlichen Verwüstungen führt wie „Hanna“ und „Ike“ im vergangenen Jahr, sitzt bei der Bevölkerung der Stadt sehr tief.

Kinderdorf, Kindergarten, Patenschaften
Das Leben der Kinder und Mitarbeiter im Kinderdorf und den übrigen Projekten ging in den letzten Wochen und Monaten seinen gewohnten Gang. Leider haben vier der Kinder das Klassenziel nicht erreicht. Von dreien, die staatliche Zwischenprüfungen abzulegen hatten (Mamane nach der 6. Klasse, Vély und Ilande nach dem vorletzten Jahr) lagen bis Redaktionsschluss die Ergebnisse leider noch nicht vor.
Zu einer Gedulds- und Finanz-Probe scheint sich der Anschluss des Geländes an die städtischen Elektrizitätswerke zu entwickeln. Es hat sich herausgestellt, dass es nicht mit den Arbeiten zum Anschluss an das Stromnetz getan sein wird. Vielmehr ist die gesamte Installation marode und dem städtischen Strom nicht gewachsen, so dass nochmals 8.500 USD in Vorarbeiten (Austausch aller Leitungen, Sicherungen u.ä.) investiert werden müssen. Und der Kostenvoranschlag für den Anschluss hatte Gültigkeit bis Mitte Juni, so dass auch hier mit einem Nachschlag gerechnet werden muss.
Gleichzeitig wurde eine Renovierung des Kindergarten-Gebäudes in Auftrag gegeben, da diese Arbeiten nur während der langen Sommerferien gemacht werden können.
Von diesen unseren finanziellen Sorgen unbelastet genossen die Kinderdorf- und zahlreiche Patenschaftskinder nicht nur das viertägige Camp in Marchand Dessalines (siehe Bericht Seite ), sondern auch ein zweimonatiges Kurs-Programm in handwerklichen Fähigkeiten: Die Fertigung von kunsthandwerklichen Karten aus Bananenblättern, Floralkunst und die Zubereitung von festlichen Speisen wurden angeboten. Wir werden im nächsten Heft ausführlicher über diese Aktivitäten berichten, die aus Sonderspenden finanziert werden konnten und gut angenommen wurden.

Sonstiges
Nicht nur in den Berichten über verschiedene Patenkinder wird uns auch jetzt noch immer wieder von den Schäden und Verlusten berichtet, die durch die Hurrikans vor einem Jahr entstanden sind. Auch Pastor Denis Noel sandte uns im Frühsommer noch einen Antrag zum Wiederaufbau der seiner Kirche angegliederten Schule, die gleichzeitig auch als Auffanglager für etwaige künftige Naturkatastrophen konzipiert sein soll. Während des ganzen abgelaufenen Schuljahres wurde die komplette Schülerschaft jeden Tag mit einem alten Bus von Gonaives nach Passe-Reine in die dortige Zweigschule der Gemeinde gefahren. Wir sind froh, dass wir Pastor Denis, der unsere Arbeit in Haiti seit ihren Anfängen beratend begleitet, die restlichen Flut-Spenden in Höhe von 6.000 USD für diesen Wiederaufbau zur Verfügung stellen konnten.

Ausgelaufen ist inzwischen die Finanzierung der Lehrergehälter der Schule „Freinet Célestin“. Hingegen wollen wir die Schulspeisung im Kindergarten auf dem Missionsgelände noch bis mindestens Ende 2009 weiterlaufen lassen. Die Finanzierung der ersten vier Monate des Schuljahres wird aus den Erlösen des diesjährigen Landauer Haiti-Sponsorenlaufes erfolgen. Im September 2008 ursprünglich in kleinem Rahmen als Aktiv-Sonntag für die Gemeindekinder der örtlichen FCG geplant, erlebte der Sponsorenlauf durch die unmittelbar vorausgegangene Flutkatastrophe in Gonaives eine unerwartet große Resonanz, weshalb für Juli 2009 eine zweite Veranstaltung dieser Art geplant wurde, die dieses Mal von der Evangelischen Allianz der Stadt Landau unter der Schirmherrschaft des Bürgermeisters durchgeführt wurde. 150 Läufer drehten unermüdlich ihre Runden im Landauer Stadion und erliefen so fast 8.000 EUR für die Kinder Haitis. Neben der Fortführung der Kindergartenspeisung konnte dieses Geld nun für dringend benötigte Bibeln für die Kinderarbeit des Patenschaftsprojektes, ein besonderes Seminar- und Freizeit-Wochenende für die jüngeren Patenschaftskinder und für die Ausbildungsförderung Jugendlicher zur Verfügung gestellt werden. Unser Dank gilt allen Läufern und Helfern für dieses großartige Ergebnis.
Ebenfalls danken möchten wir allen Missionsfreunden, die nach dem letzten Missionsheft so großzügig für die AFPROG, die Frauenarbeit von Eliette Jean-Beauplan, gespendet haben. Die Jahresmiete für ein eigenes Zentrum und der Gesamtbetrag für die ersehnten Bibeln und Gesangbücher, laut Eliette das vordringlichste Anliegen der Gruppe, konnten inzwischen nach Gonaives überwiesen werden.