Politische Situation
„Wenn du eine Wahl abhältst und niemand lässt sich blicken, dann nennt man das einen Alptraum“ – so beschrieb ein amerikanischer Journalist einige Tage nach der Senatswahl vom 19. April die Situation in Port-au-Prince und fuhr fort: „Ich fand an diesem Morgen bestätigt, was ich schon oft gehört hatte: Dass die Haitianer es lieben, auf den Straßen Fußball zu spielen, wenn es einmal keinen Verkehr gibt.“
Das Verbot, am Wahltag mit dem Auto unterwegs zu sein, gehörte ebenso wie die Vorgabe an alle Kirchen, die Gottesdienste auf maximal zwei Stunden zu beschränken, zu den Maßnahmen der haitianischen Regierung, die das Ziel verfolgten, möglichst viele Menschen möglichst gewaltlos wählen zu lassen. Letztendlich lag die Wahlbeteiligung jedoch nur zwischen 5 und 10 % der Wahlberechtigten, was o.g. Journalisten zu der Schlussfolgerung veranlasste: „Das haitianische Volk hat gewählt, indem es das Wählen verweigerte.“
Es gibt viele mögliche Gründe, warum so wenig Menschen zur Wahl gingen: Die Schwierigkeiten im Vorfeld, überhaupt in Erfahrung zu bringen, wo man wählen sollte – was von jedem einzeln per Handy erfragt werden musste -, die Frustration angesichts so vieler Wahlen in der Vergangenheit, die doch keine Besserung für das Land brachten, die Angst vor Gewalt. Und tatsächlich musste in einem Departement (Zentralhaiti) die Wahl wegen gewaltsamen Zwischenfällen abgesagt werden und trotz massivem Einsatz der Friedenstruppen wurden im ganzen Land einzelne Wahllokale überfallen, kam es zu Demonstrationen, Schießereien, Verhaftungen.
Keinem der Kandidaten um die zu besetzenden 12 Senatssitze gelang es, in diesem ersten Wahlgang die absolute Mehrheit in seinem Wahlbezirk zu erreichen. Zum zweiten Wahlgang, ursprünglich geplant für den 7. Juni, erstmals verschoben auf den 21. Juni, sind nun noch 8 statt bisher 35 Parteien zugelassen, wobei ein Duell zwischen der regierenden Lespwa-Partei und der OPL (Organisation du Peuple en Lutte) erwartet wird.
Währenddessen hat der Senat, der sich Gerüchten zufolge sowieso geweigert hätte, eventuelle Mehrheits-Sieger wegen der zu niedrigen absoluten Stimmenzahl zu validitieren, seine reguläre zweite Sitzungsperiode des Jahres beendet.
Im Gegensatz zu den vielen kritischen Stimmen in Haiti selbst werten die USA als größter Geldgeber und technischer Ausrüster die April-Wahlen als großen Erfolg und Beweis der Stärkung der demokratischen Strukturen Haitis.
An dieser Stärkung arbeitet weiterhin Premierministerin Michelle Pierre-Louis mit aller Kraft. Ohne wirklichen politischen Rückhalt und ungeliebt von einflussreichen wirtschaftlichen Kreisen des Landes kämpft sie unverdrossen für so unpopuläre Ziele wie die Bekämpfung der Drogenhandels-Korruption und die Gleichheit aller vor dem Gesetz. Zur Verbesserung der Lage in Haiti hofft sie nicht nur auf Hilfsgelder der internationalen Gemeinschaft, sondern vor allem auf das Finden staatlicher wie privater Investoren, die Arbeitsplätze schaffen helfen.
Dass die nationale Sicherheit dafür eine der wichtigsten Vorbedingungen ist, ist ihr bewusst. Viele Beobachter wünschen ihr, dass es ihr gelingen wird, diese Aufgabe zu meistern, an der schon viele vor ihr gescheitert sind. Für alle, denen Haiti wirklich am Herzen liegt, sagen diese Stimmen, wäre es ein großer Verlust für das Land, wenn Michelle Pierre-Louis scheitern würde.
Arbeitsplätze schaffen in Haiti, das möchte auch Bill Clinton, ex-Präsident der USA und neuer UNO-Botschafter für Haiti. 150.000 neugeschaffene Stellen binnen zwei Jahren, bei gleichzeitigem Aufbau eines funktionierenden Gesundheitssystems, Entwicklung der Infrastruktur und Behebung der wirtschaftlichen Schäden der letztjährigen Hurrikan-Schäden (Wiederaufbau von Schulen und Geschäften, Neuorganisation der Landwirtschaft) – die Ziele sind hoch gesteckt.
Unter der Überschrift: „Die dümmste Schweinepest-Überreaktion“ erschien in einer amerikanischen Zeitung ein Artikel über die Abweisung eines mexikanischen Hilfsgüter-Schiffes, das 77 Tonnen dringend benötigter Lebensmittel und Saatgut nach Haiti bringen sollte, durch die haitianischen Behörden.
Im Juni beginnt bereits die Wirbelsturmsaison 2009 in der Karibik, die laut Vorhersagen aufgrund der allgemein schlechten meteorologischen Bedingungen der Region mehr und stärkere Hurrikans als 2008 mit sich bringen soll. Entsprechend groß ist die Angst unter der haitianischen Bevölkerung, dass neues Unheil über sie hereinbrechen könnte, noch bevor die Schäden der letzten Katastrophe weggeräumt sind. Und auch Ministerpräsident René Préval zeigte sich Mitte Mai bei einem Besuch in Gonaives sehr besorgt über den momentanen Zustand der Stadt, wo noch zu viel Schlamm und zu viele Trümmer an die Überschwemmung im letzten September erinnern
Schon am 17. Mai kam es, vor allem im Süden Haitis, aber auch in der Nähe von Saint Marc, auf Grund starker Regenfälle zu Überflutungen, bei denen mindestens 10 Tote zu beklagen waren. Und die Wirbelsturmsaison hat noch nicht begonnen...
„Wenn du eine Wahl abhältst und niemand lässt sich blicken, dann nennt man das einen Alptraum“ – so beschrieb ein amerikanischer Journalist einige Tage nach der Senatswahl vom 19. April die Situation in Port-au-Prince und fuhr fort: „Ich fand an diesem Morgen bestätigt, was ich schon oft gehört hatte: Dass die Haitianer es lieben, auf den Straßen Fußball zu spielen, wenn es einmal keinen Verkehr gibt.“
Das Verbot, am Wahltag mit dem Auto unterwegs zu sein, gehörte ebenso wie die Vorgabe an alle Kirchen, die Gottesdienste auf maximal zwei Stunden zu beschränken, zu den Maßnahmen der haitianischen Regierung, die das Ziel verfolgten, möglichst viele Menschen möglichst gewaltlos wählen zu lassen. Letztendlich lag die Wahlbeteiligung jedoch nur zwischen 5 und 10 % der Wahlberechtigten, was o.g. Journalisten zu der Schlussfolgerung veranlasste: „Das haitianische Volk hat gewählt, indem es das Wählen verweigerte.“
Es gibt viele mögliche Gründe, warum so wenig Menschen zur Wahl gingen: Die Schwierigkeiten im Vorfeld, überhaupt in Erfahrung zu bringen, wo man wählen sollte – was von jedem einzeln per Handy erfragt werden musste -, die Frustration angesichts so vieler Wahlen in der Vergangenheit, die doch keine Besserung für das Land brachten, die Angst vor Gewalt. Und tatsächlich musste in einem Departement (Zentralhaiti) die Wahl wegen gewaltsamen Zwischenfällen abgesagt werden und trotz massivem Einsatz der Friedenstruppen wurden im ganzen Land einzelne Wahllokale überfallen, kam es zu Demonstrationen, Schießereien, Verhaftungen.
Keinem der Kandidaten um die zu besetzenden 12 Senatssitze gelang es, in diesem ersten Wahlgang die absolute Mehrheit in seinem Wahlbezirk zu erreichen. Zum zweiten Wahlgang, ursprünglich geplant für den 7. Juni, erstmals verschoben auf den 21. Juni, sind nun noch 8 statt bisher 35 Parteien zugelassen, wobei ein Duell zwischen der regierenden Lespwa-Partei und der OPL (Organisation du Peuple en Lutte) erwartet wird.
Währenddessen hat der Senat, der sich Gerüchten zufolge sowieso geweigert hätte, eventuelle Mehrheits-Sieger wegen der zu niedrigen absoluten Stimmenzahl zu validitieren, seine reguläre zweite Sitzungsperiode des Jahres beendet.
Im Gegensatz zu den vielen kritischen Stimmen in Haiti selbst werten die USA als größter Geldgeber und technischer Ausrüster die April-Wahlen als großen Erfolg und Beweis der Stärkung der demokratischen Strukturen Haitis.
An dieser Stärkung arbeitet weiterhin Premierministerin Michelle Pierre-Louis mit aller Kraft. Ohne wirklichen politischen Rückhalt und ungeliebt von einflussreichen wirtschaftlichen Kreisen des Landes kämpft sie unverdrossen für so unpopuläre Ziele wie die Bekämpfung der Drogenhandels-Korruption und die Gleichheit aller vor dem Gesetz. Zur Verbesserung der Lage in Haiti hofft sie nicht nur auf Hilfsgelder der internationalen Gemeinschaft, sondern vor allem auf das Finden staatlicher wie privater Investoren, die Arbeitsplätze schaffen helfen.
Dass die nationale Sicherheit dafür eine der wichtigsten Vorbedingungen ist, ist ihr bewusst. Viele Beobachter wünschen ihr, dass es ihr gelingen wird, diese Aufgabe zu meistern, an der schon viele vor ihr gescheitert sind. Für alle, denen Haiti wirklich am Herzen liegt, sagen diese Stimmen, wäre es ein großer Verlust für das Land, wenn Michelle Pierre-Louis scheitern würde.
Arbeitsplätze schaffen in Haiti, das möchte auch Bill Clinton, ex-Präsident der USA und neuer UNO-Botschafter für Haiti. 150.000 neugeschaffene Stellen binnen zwei Jahren, bei gleichzeitigem Aufbau eines funktionierenden Gesundheitssystems, Entwicklung der Infrastruktur und Behebung der wirtschaftlichen Schäden der letztjährigen Hurrikan-Schäden (Wiederaufbau von Schulen und Geschäften, Neuorganisation der Landwirtschaft) – die Ziele sind hoch gesteckt.
Unter der Überschrift: „Die dümmste Schweinepest-Überreaktion“ erschien in einer amerikanischen Zeitung ein Artikel über die Abweisung eines mexikanischen Hilfsgüter-Schiffes, das 77 Tonnen dringend benötigter Lebensmittel und Saatgut nach Haiti bringen sollte, durch die haitianischen Behörden.
Im Juni beginnt bereits die Wirbelsturmsaison 2009 in der Karibik, die laut Vorhersagen aufgrund der allgemein schlechten meteorologischen Bedingungen der Region mehr und stärkere Hurrikans als 2008 mit sich bringen soll. Entsprechend groß ist die Angst unter der haitianischen Bevölkerung, dass neues Unheil über sie hereinbrechen könnte, noch bevor die Schäden der letzten Katastrophe weggeräumt sind. Und auch Ministerpräsident René Préval zeigte sich Mitte Mai bei einem Besuch in Gonaives sehr besorgt über den momentanen Zustand der Stadt, wo noch zu viel Schlamm und zu viele Trümmer an die Überschwemmung im letzten September erinnern
Schon am 17. Mai kam es, vor allem im Süden Haitis, aber auch in der Nähe von Saint Marc, auf Grund starker Regenfälle zu Überflutungen, bei denen mindestens 10 Tote zu beklagen waren. Und die Wirbelsturmsaison hat noch nicht begonnen...
Kinderdorf/Patenschaften etc.
Als Heinz Östreicher und Karin Rinklin vom deutschen und Werner Frankhauser vom Schweizer Vorstand der LEBENSMISSION Mitte April gemeinsam nach Gonaives reisten, herrschten noch Sonne und Staub in der Stadt. Nur zehn Tage standen ihnen für ihren Aufenthalt im Kinderdorf zur Verfügung, doch diese waren stramm gefüllt mit zahlreichen Gesprächen mit der Kinderdorfleitung, den Mitarbeitern aller Projekte, den Kindern und Jugendlichen des Dorfes, unseren Ehemaligen, den Leitern befreundeter Kirchen und Schulen, mit Kassenprüfungen, Abklärungen, Absprachen, Besuchen bei Patenschaftsfamilien und anderen Projekten, und unzähligen persönlichen Begegnungen. Als Segen erwies sich dabei einmal mehr die inzwischen gute PC-Ausstattung des haitianischen Büros und die stabile Internet-Verbindung, die es ermöglichte, viele Fragen in direktem Austausch zwischen dem deutschen Büro und den Reisenden vor Ort zu klären, und so Manches wesentlich schneller voran zu bringen, als es sonst oft möglich ist.
Ein böses, wenn auch nicht unerwartetes Erwachen, gab es für alle Beteiligten, als während des Besuches aus Europa die zuständigen Ingenieure den überarbeiteten Kostenvoranschlag für den Anschluss des Kinderdorfes an das städtische Stromnetz vorlegten: Der Endpreis hatte sich auf fast 20.000 USD mehr als verdoppelt, was vor allem an der „üblichen“ Preissteigerung für das benötigte Material seit der Ausfertigung des ersten Voranschlages lag. Trotzdem haben wir uns entschlossen, an der ursprünglichen Entscheidung festzuhalten und inzwischen die noch fehlenden 9.000 EUR nach Gonaives überwiesen.
Die Renovierung des Schulgebäudes „Freinet Célestin“ der Eglise Evangélique Témoins de Jésus Christ ist bis auf die noch fehlenden Türen abgeschlossen, das Gebäude endlich nicht mehr einsturzgefährdet. Direkt daneben wurde inzwischen mit dem Bau der Kirche begonnen, denn die Gottesdienste werden nach wie vor in der zu diesem Zweck jeweils umgeräumten Schule abgehalten.
Als Heinz Östreicher und Karin Rinklin vom deutschen und Werner Frankhauser vom Schweizer Vorstand der LEBENSMISSION Mitte April gemeinsam nach Gonaives reisten, herrschten noch Sonne und Staub in der Stadt. Nur zehn Tage standen ihnen für ihren Aufenthalt im Kinderdorf zur Verfügung, doch diese waren stramm gefüllt mit zahlreichen Gesprächen mit der Kinderdorfleitung, den Mitarbeitern aller Projekte, den Kindern und Jugendlichen des Dorfes, unseren Ehemaligen, den Leitern befreundeter Kirchen und Schulen, mit Kassenprüfungen, Abklärungen, Absprachen, Besuchen bei Patenschaftsfamilien und anderen Projekten, und unzähligen persönlichen Begegnungen. Als Segen erwies sich dabei einmal mehr die inzwischen gute PC-Ausstattung des haitianischen Büros und die stabile Internet-Verbindung, die es ermöglichte, viele Fragen in direktem Austausch zwischen dem deutschen Büro und den Reisenden vor Ort zu klären, und so Manches wesentlich schneller voran zu bringen, als es sonst oft möglich ist.
Ein böses, wenn auch nicht unerwartetes Erwachen, gab es für alle Beteiligten, als während des Besuches aus Europa die zuständigen Ingenieure den überarbeiteten Kostenvoranschlag für den Anschluss des Kinderdorfes an das städtische Stromnetz vorlegten: Der Endpreis hatte sich auf fast 20.000 USD mehr als verdoppelt, was vor allem an der „üblichen“ Preissteigerung für das benötigte Material seit der Ausfertigung des ersten Voranschlages lag. Trotzdem haben wir uns entschlossen, an der ursprünglichen Entscheidung festzuhalten und inzwischen die noch fehlenden 9.000 EUR nach Gonaives überwiesen.
Die Renovierung des Schulgebäudes „Freinet Célestin“ der Eglise Evangélique Témoins de Jésus Christ ist bis auf die noch fehlenden Türen abgeschlossen, das Gebäude endlich nicht mehr einsturzgefährdet. Direkt daneben wurde inzwischen mit dem Bau der Kirche begonnen, denn die Gottesdienste werden nach wie vor in der zu diesem Zweck jeweils umgeräumten Schule abgehalten.
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