Mittwoch, 27. April 2011
27.04.2011: Lage in Haiti
Nach Bekanntgabe der Ergebnisse ist es in 17 Regionen Haitis zu teilweise schweren Tumulten gekommen, bei denen mindestens ein Mensch ums Leben kam.
Sicherheitsexperten melden ein bedenkliches Ansteigen des Bandenwesens in der Hauptstadt, inklusive einer Steigerung bei Entführungsfällen (mindestens acht im April) und Morden (auch an Ausländern), zurück zu führen vermutlich auf eine gewisse Laschheit im Polizeiapparat während der Übergangsphase zwischen alter und neuer Regierung.
Zur Sicherung des Friedens im Land plant Michel Martelly, wieder eine haitianische Armee aufzubauen. Kalkuliert wird mit einem dafür nötigen Jahresbudget von 25 Mio USD, wobei Martelly wohl auf eine Unterstützung von Seiten der UNO hofft, die die MINUSTAH-Mission mit ihrem Jahresbudget von 864 Mio USD zeitgleich schrittweise beenden soll. Die Möglichkeiten eines MINUSTAH-Rückzuges aus dem Land sollten ab Mitte Mai evaluiert werden.
(nach: Metropolehaiti.com)
Dienstag, 26. April 2011
26.04.2011: Wahlbetrug bei den Parlamentswahlen in Haiti?
Die zuvor von dem für Proteste gegen das Wahlergebnis zuständigen Büro getroffenen Entscheidungen sind heftig umstritten. Diese begünstigten offensichtlich eindeutig Kandidaten der Regierungsplattform INITE bei der Nach-Verteilung der Parlamentssitze.
Daraufhin hat Michel Martelly, der gewählte neue Präsident, offiziell bei der internationalen Gemeinschaft den Antrag gestellt, die Ergebnisse der Parlamentswahlen nicht anzuerkennen. Senatoren und Abgeordnete, die eindeutig mit Mehrheit gewählt worden waren, seien "systematisch ausgeschlossen" worden. Auch Mirlande Manigat, die unterlegene Präsidentschaftskandidatin hat eine Untersuchung möglicher Betrugsfälle bei den Parlamentswahlen gefordert. (Infos nach: Metropolehaiti.com)
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Haiti pur:
(Foto: beide Missionsautos auf der Haus-Baustelle in Gonaives)
Samstag, 23. April 2011
23.04.2011: Neues von Helga aus Haiti
Mit einem Techniker aus Port-au-Prince, viel Kabelsalat und noch mehr Gebet wurde die Internetverbindung im Missionsbüro erstmal wieder in Gang gebracht, während man das ideale wireless-System ausfindig zu machen versucht. Es ermutigt und frustriert zugleich, dass es andere in Gonaives gibt, deren Internet gleichbleibend zuverlässig funktioniert, während das unsere immer wieder schwächelt und ausfällt.
Helgas Warten bezieht sich natürlich nicht nur auf die Internetverbindung. Auch Telefonate, Gespräche mit Mitarbeitern, einbestellte Besucher - zu warten gibt es immer etwas. Helga schreibt weiter: "Die Mitarbeiter haben mir den Schaukelsitz im Garten neu gestrichen - vielleicht, damit ich mich besser an das hiesige Lebenstempo gewöhne....?"
Wir freuen uns über Helgas Humor und darüber, dass sie guter Dinge ist und gespannt, was sich während ihrem ersten dreimonatigen Aufenthalt noch an Aufgaben auftut und erledigen lässt. Einen großen Erfolg konnte sie schon verbuchen: Obwohl in den letzten Jahren schon mehrfach versucht, ist es Helga und den haitianischen Mitarbeitern nun endlich gelungen, noch lebende Verwandte von Linda Beliard, einem der älteren Mädchen aus dem Kinderdorf ausfindig zu machen. Linda war kurz nach ihrer Geburt im Krankenhaus von Limbé, bei der ihre Mutter gestorben war, einer damaligen Mitarbeiterin übergeben worden. Jetzt konnten in einem Dorf in der Nähe von Limbé Verwandte gefunden werden, die, als sie Linda sahen, sofort die Ähnlichkeit mit ihrem - ebenfalls noch lebenden - Vater bemerkten und die verloren Geglaubte mit offenen Armen begrüßten. Für Linda ist es ein Segen - seit Jahren quälte sie sich mit der Ungewissheit über ihre Herkunft herum; und so schnell diese schöne Geschichte hier erzählt ist, so mühsam war die Reise in ihre Geburtsstadt, von dort durch unwegsames Gelände und Flüsse hindurch und das letzte Stück Wegs zu Fuß den Berg hinaus ins Dorf der Verwandten, mit diesen zurück in die Stadt......
Donnerstag, 21. April 2011
21.04.2011: Martelly als neuer Präsident bestätigt
Nun beginnt also die Ära Martelly - mit vielen Fragezeichen, von denen Juliàn González, uruguayischer Politologe, in einem Interview einige aufzeigt: (Zitate nach: Blickpunkt Lateinamerika)
- Der Wahlsieg Martellys sei eine "klare Abstrafung der politischen Elite des Landes, die die Wählerschaft zutiefst enttäuscht hat."
- Nach dem Wenigen zu urteilen, was man über ihn wisse, sei Martelly wohl als ein "etwas rechtslastiger Populist mit einigen alten Verbindungen zur früheren Duvalier-Diktatur zu handeln."
- Martelly habe deutliche Kritik an den Einsätzen der MINUSTAH-Friedenstruppe geübt, vielleicht aber nur, um sich "die im haitianischen Volk sehr verbreitete unspezifische Unzufriedenheit zunutze zu machen."
- Im Parlament hat Martelly keinen soliden Rückhalt. Beide Kammern werden von der scheidenden Regierungspartei INITE dominiert. Da der Präsident seinen Premierminister nur im Einvernehmen mit den Vorsitzenden von Senat und Abgeordnetenhaus ernennen kann, bedeutet dies, dass er auf das Wohlwollen von René Prévals Gefolgschaft angewiesen sein wird.
Martelly als Schnittstelle zwischen verschiedenen sozialen Gruppierungen - ein Mann der Mittelklasse mit Kontakten zu den unteren Volksschichten und zur Bourgeoisie, mit Freunden bei den Duvaliers und unter den Lavals-Anhängern - angetreten mit vielen Versprechungen an das Volk, das diesmal nicht gewählt hat, "um der Macht die Macht zu geben", sondern "um mit Macht die Dinge im Land zu verändern."
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Froh über das erste email von Helga Östreicher aus Gonaives, das gestern Abend eintraf, wünschen wir allen Blog-Lesern erholsame und gesegnete Oster-Feiertage!
die Redaktion
Mittwoch, 20. April 2011
20.04.2011 - Haiti: Martelly angewiesen auf Préval?
Denn René Préval ist Anführer der Regierungsplattform INITE, die bei den jetzigen Parlamentswahlen als erste Gruppierung überhaupt in der Geschichte Haitis mehr als 50 Sitze auf sich vereinen konnte. So stellt sich Préval dar als der starke Mann, der die nächste Legislaturperiode kontrollieren wird und ohne dessen Mitarbeit - bzw. die Mitarbeit seiner Abgeordneten - eine funktionierende Regierungsarbeit kam möglich ist. Ein stillschweigendes Abkommen zwischen INITE und Repons Peyizan, der Partei von Michel Martelly, würde Martellys Aufgabe wesentlich erleichtern, die Oppositionsparteien hingegen jeder Einflussmöglichkeit berauben.
Nach dem Gespräch wurden beide Politiker zitiert:
René Préval: "Ich werde mit den Parlamentarieren arbeiten, damit eine effektive Zusammenarbeit möglich wird."
Michel Martelly: "Das Wichtigste ist jetzt, unsere Kräfte zu vereinen um das Land auf den Weg des Fortschritts zu bringen."
Montag, 18. April 2011
18.04.2011: Haiti - Warten
Mittwoch, 13. April 2011
13.04.2011: Haiti + Ankunft
Donnerstag, 7. April 2011
07.04.2011: Große Erwartungen

Dienstag, 5. April 2011
05.04.2011: Der nächste Präsident Haitis...

Nachdem anonyme Informanten es bereits einige Stunden zuvor an Reuters und AFP gemeldet hatten, hat der Provisorische Wahlrat am Montagabend um 18.14 h Ortszeit das vorläufige Wahlergebnis der Stichwahl zum haitianischen Präsidenten bekannt gegeben: Michel Martelly, der 50-jährige Sänger, der vor allem bei der Jugend des Landes sehr beliebt ist, allerdings keinerlei Erfahrung auf der politischen Ebene hat, hat demnach 67,57% (716.986 Stimmen) der abgegebenen Stimmen erhalten, gegenüber 31,74% (336.747) seiner Konkurrentin Mirlande Manigat. Somit wird die bis dato relativ unbekannte "Repons Peyizan" (etwa: Antwort der Landbevölkerung) Regierungspartei und Martelly am 14. Mai die Nachfolge des scheidenden René Préval, der nach zwei Amtszeiten nicht mehr kandidieren durfte, als Präsident Haitis antreten. Dabei lag er nach dem ersten Wahlgang im November 2010 noch an aussichtsloser dritter Position und rückte nur dank des Verzichts von Jude Célestin in die Stichwahl vom März nach. Das offizielle Wahlergebnis soll am 16. April bekannt gegeben werden.
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INITE, die Plattform der Noch-Regierungsparteien (und des ausgeschiedenen Präsidentschafts-Kandidaten Jude Celestin), hat bei den Wahlen zum haitianischen Abgeordnetenhaus mit 40 von insgesamt 99 Sitzen eine relative Mehrheit erreicht. Die meisten der jetzt gewählten Abgeordneten schafften es nur mit knappen 51 bis 52 Prozent zum Sieg.
Klarer waren die Verhältnisse bei der Wahl der restlichen Senatoren. Auch hier konnte INITE fast die Hälfte (3 von 7) der noch offenen Mandate für sich verbuchen.