Mittwoch, 19. Dezember 2007

Aktuelles November 2007

Aktuelles
(zusammengestellt von B. Knochel, Redaktionsschluss 19.11.07)
Politisch-Wirtschaftliche Situation
Überwiegend mit Erleichterung aufgenommen wurde die Entscheidung des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen, das MINUSTAH-Mandat bis zum 15. Oktober 2008 zu verlängern. Hauptaufgaben bleiben die Eindämmung der Gewalt im Land, die Unterstützung der nationalen haitianischen Polizei und Patrouillen entlang der Küsten des Staates. Es gibt aber auch kritische Stimmen wie die des Parteichefs der „Démocrates Chrétiens“, Osner Fevry, der die Erneuerung des Mandates als „einen neuen Sieg derjenigen politischen Parteien, die die Besetzung des Landes befürworten, als Beweis für den Rassismus, den Imperialismus und Kolonialismus des Sicherheitsrates“ bezeichnete.
Mehr als 100 aus Sri Lanka stammende Blauhelme wurden Ende Oktober nach Hause geschickt, nachdem aufgedeckt worden war, dass sie für den sexuellen Missbrauch junger Haitianerinnen verantwortlich waren. Dass die Regierung sich in dieser Affäre, die als Spitze eines riesigen Eisberges angesehen wird, sehr zurückhaltend verhielt, dient nicht dazu, ihre Anerkennung im eigenen Land zu stärken.



( Blauhelme aus Sri Lanka
im Einsatz in Haiti)

Auch eine Rede von Präsident Préval, in der er eine Überarbeitung der haitianischen Verfassung anregte, sorgte für einigen Wirbel. Zwar sind sich die politischen Kreise weitgehend darüber einig, dass es in der erst 20 Jahre alten Verfassung zahlreiche Widersprüche gibt, doch gibt es Zweifel an den hehren Zielen des Präsidenten. Da gibt es Äußerungen über ein „antidemokratisches Projekt“ bis hin zu Vorwürfen, Préval wolle sich wie seinerzeit Duvalier seine eigene nur ihm dienende Verfassung zurechtstricken. Solche Vorwürfe sind schnell zur Hand in einem Land, in dem antidemokratisches Verhalten der Regierenden keine Seltenheit ist und im politischen wie im wirtschaftlichen Bereich oft genug in die eigene Tasche gewirtschaftet wird, wie in dem Anfang November aufgedeckten Fall des Verkaufs eines Lots von „Alteisen“, bestehend unter anderem aus 11 Bulldozern, 10 LKWs, 7 Tiefladern, 8 Grätern, diversen Kompressoren etc. an eine ausländische Metall-Firma, vereinbart in trautem Einvernehmen zwischen dem zuständigen nationalen Straßenbauamt und Verantwortlichen des Rechnungshofes sowie der Zollbehörden.
In der zu Ende gehenden Hurrikanzeit des Jahres 2007 machte sich vor allem „Noël“ einen Namen, der auf seinem Weg auch Haiti in Mitleidenschaft zog. Vor allem das Departement West des Landes mit der Hauptstadt Port-au-Prince wurde getroffen, die Statistik listete am 5. November insgesamt 62 Tote, 17 Vermisste, 104 Verletzte und 9.568 obdachlose Familien auf. 1.589 Häuser sollen zerstört worden sein. In Gonaives ging bereits Tage vor dem Durchzug von „Noël“ die Angst um, zu frisch sind noch die Erinnerungen an „Jeanne“ 2004, doch blieb die Stadt verschont. Nur über wesentlich stärkere Regenfälle als üblich wurde berichtet, die die Bevölkerung aber nicht abhielten, in Massen das jährliche Schutzheiligen-Fest auf der Place d’Armes zu feiern. Die Regenfälle hielten auch in der Folgezeit an und behinderten zusammen mit dem für Gonaives sehr ungewöhnlichen dauerhaft bewölkten Himmel stark die Internet- und Telefon-Verbindungen selbst innerhalb des Landes.

Kinderdorf
Wir sind dankbar, dass es durch Hurrikan und Gewitterregen keine größeren Schäden gab. So konnte das Gelände schnell wieder aufgeräumt werden, wobei die Kinder, die in den Tagen der größten Niederschläge und am Morgen nach dem Schutzheiligen-Fest aufgrund staatlich verordneter Schulschließung keinen Unterricht hatten, tatkräftig halfen. Zum Glück sind auch alle gesund und bekamen weder die in der Stadt grassierende Bindehautentzündung noch durch die vielen nassen Tage mehr als einen Schnupfen.
Maryse, eine unserer beiden älteren Mädchen, die eine hauswirtschaftliche Ausbildung machen, wurde von ihrer Schule an einer vom Ministerium für Soziales und Arbeit organisierten Leistungsprüfung angemeldet, die sie mit Erfolg bestanden hat. Dies ist ein großer Ansporn für sie für das letzte Jahr ihrer dreijährigen Ausbildung, das jetzt begonnen hat. Elie, unser Ältester, der eine Installateur-Lehre machen wollte, hat leider die Aufnahmeprüfung nicht bestanden. Nun will er sich zum Mechaniker ausbilden lassen. Alle anderen Kinder besuchen nach wie vor Schule und Kindergarten. (Elie Charjot)
Der Kindergartenbetrieb konnte nur schleppend aufgenommen werden. Zunächst verschoben wegen des schlechten Wetters die Behörden den offiziellen Beginn des Schuljahres, dann schickten manche Familien ihre Kinder zunächst nicht, weil sie die am Anfang des Schuljahres fälligen höheren Beträge nicht aufbringen konnten. Es ist für unsere Mitarbeiter immer wieder neu ein Balance-Akt: Einerseits müssen sie auf der Zahlung des Schulgeldes bestehen, damit die Löhne und Nebenkosten bezahlt werden können, andererseits sehen sie die oft aussichtslose Lage der Familien. Eltern ohne Arbeit und Einkommen, mit meist mehreren Kindern, deren größter Wunsch es ist, ihren Söhnen und Töchtern durch eine Schulausbildung einen besseren Start in die Zukunft zu geben, als sie ihn hatten.

Ein neues Auto für Kinderdorf und Patenschaften
Spendenstand per 31.10.07: 36.000 USD

Patenschaften
Ende Oktober kam endlich wieder Post aus Gonaives, darunter der erste Stapel der diesjährigen Weihnachtskarten. Die nächsten Postsendungen wurden Mitte November auf den Weg gebracht, wie hoffen, dass sie den Rest der Karten enthalten und wir diese rechtzeitig vor dem Fest an alle Paten weiterleiten können.
In der Patenschaftsarbeit ist zur Zeit einige Bewegung, auch wenn die Gesamtzahl der von uns betreuten Kinder mit etwa 300 relativ konstant bleibt. Neben den vielen neu begonnenen Patenschaften dieses Jahres wurden etwa gleich viel auch beendet, weil diese jungen Frauen und Männer ihre Ausbildung abgeschlossen haben oder 2007 25 Jahre alt wurden. Beim Schreiben der Kündigungsbriefe an die Patenschaftsnehmer fiel auf, dass viele von ihnen über weit mehr als zehn Jahre vom gleichen Paten unterstützt worden sind. Wir möchten die Gelegenheit nutzen, an dieser Stelle einmal diesen langjährigen treuen Spendern ganz herzlich zu danken! Auch in Zukunft wird es weitere Umschichtungen geben, denn allein in den nächsten fünf Jahren werden etwa 40 % aller Patenkinder das Patenschafts-Höchstalter von 25 Jahren erreichen. In einem der nächsten Hefte möchten wir hierauf einmal näher eingehen.

Mittwoch, 17. Oktober 2007




Aktuelles
(zus.gestellt von Barbara Knochel, Red.schluss 24.08.07)
Politisch-Wirtschaftliche Situation
Nicht nur die spärlichen Medien-Berichte, sondern auch die Aussagen unserer Reisenden der letzten Zeit bestätigen, dass es in Haiti derzeit relativ ruhig ist. Unsere Mitarbeiter müssen, zum Beispiel auf dem Weg zum Flughafen in Port-au-Prince, keine endlosen Umwege mehr fahren, und Anfang August besuchte der neue UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon für 24 Stunden nicht nur das Regierungsviertel von Port-au-Prince, sondern auch Cité Soleil, den größten und in den letzten Jahren gefährlichsten Slum der Hauptstadt, um sich einen eigenen Eindruck von den dortigen Entwicklungen und den Ergebnissen des MINUSTAH-Einsatzes zu machen. Bei dieser Gelegenheit forderte der Bürgermeister von Cité Soleil unter Hinweis auf die letzten sechs ruhigen Monate ein stärkeres Engagement von Investoren in seinem von mehr als 300.000 Menschen bewohnten Stadtteil, in dem es chronisch an Nahrungsmitteln, Unterkünften, Arbeitsplätzen und medizinischer Versorgung fehlt. Außerdem wünschte er sich einen Abbau des in Cité Soleil stationierten MINUSTAH-Kontingentes und den Aufbau stadtteileigener Polizei-Reviere und ist überzeugt, dass dies nicht zu neuen Unruhen führen wird. Gleichzeitig befürwortete er eine Verlängerung des im Oktober auslaufenden UN-Mandats. Diese Frage wird landesweit intensiv diskutiert, wobei die Mehrheit der Haitianer sich bewusst zu sein scheint, dass trotz der breit angelegten Entwaffnungsaktionen der letzten Jahre, die vor allem die verstreut agierenden Banditen-Gruppen trafen, noch zu viele Waffen im Umlauf sind. Chimären (Aristide-Anhänger) und ihre Gegner, ehemalige Militärs und Geschäftsleute ebenso wie Drogendealer, niemand weiß, wie viele Waffen von diesen Gruppen nicht abgegeben wurden und beim Versuch der gewalttätigen Machtergreifung nach dem Abzug der UNO den laufenden Demokratisierungsprozess blitzschnell zunichte machen könnten.
Offen gesprochen wird im Land inzwischen auch über das große Problem der Korruption. So vertritt der Leiter der ULCC (Vereinigung zum Kampf gegen die Korruption) die Ansicht, dass es in Haiti auch in den nächsten zehn Jahren keinen Rückgang der Armut geben kann, wenn dieses Problem nicht gelöst wird. Er verwies dabei auf die Rede von Präsident Préval anlässlich des diesjährigen Flaggenfestes (18.5.), in der dieser klar zum Ausdruck brachte, dass die Verstrickung höchster politischer und wirtschaftlicher Kreise in Korruptionsaffären allzu bekannte Tatsachen sind.
Der landwirtschaftliche Sektor des südlichen, fruchtbaren Haitis erlitt am 19./20.8. durch „Dean“, den ersten Hurrikan diesen Jahres einen ernsthaften Rückschlag. Zu Hunderten knickten die Bananenbäume,in den Plantagen ungeschützt zwischen den abgeholzten Hängen und dem Meer liegend, um. Die MINUSTAH-Truppen halfen beim Aufräumen und Regierungsvertreter besuchten die betroffenen Dörfer (Zitat eines Bauern: „Sie kommen, schreiben unsere Namen auf, gehen wieder und nichts passiert.“). Insgesamt wurden in den vier südlichen Departements des Landes sieben Tote und 15 Verletzte gezählt, mehrere Tausend Menschen wurden evakuiert, 1.900 Familien obdachlos, 450 Häuser zerstört und mehr als 900 beschädigt.

Kinderdorf
Das Schuljahr brachten unsere Kinder mit teilweise beachtlichen Ergebnissen hinter sich. Nur drei von ihnen müssen dieses Mal das Schuljahr wiederholen und erhielten während der Ferien intensiv Nachhilfe. Für alle gemeinsam gab es ein abwechslungsreiches Ferienprogramm mit einem ausgewogenen Verhältnis zwischen täglichen Pflichten und Vergnügungen. Leider gab es neben den üblichen Sommergrippe-Fällen auch einige schlechtere Nachrichten: André brach sich in der Schule ein Bein , Linda musste sich einer Brustoperation unterziehen und bei Maryse wurde Mitte August eine Zyste am Eierstock festgestellt, die operativ zu entfernen war. Die Familie unseres Pförtners erlitt einen herben Verlust im Tod zweier ihrer fünf Kinder binnen weniger Wochen. Beide litten an Fieber, dessen genaue Ursache nicht festgestellt werden konnte und dem sie aufgrund ihrer schlechten körperlichen Verfassung nicht genug entgegenzusetzen hatten.
Während im gesamten Kinderdorfgelände nach und nach kleinere Reparaturen durchgeführt werden, konnte endlich das gesamte Dach des Kindergartens erneuert werden. Nun ist sichergestellt, dass in der Regenzeit niemand darin nass wird. Langfristig sollen auch die Wände von Grund auf saniert werden.

Patenschaften
Seit Karins Rückkehr nach Europa im Mai kamen bereits zweimal größere Postsendungen mit Berichten, Fotos und neuen Anträgen in Landau an – ein erfreuliches Ergebnis von Karins intensiver Schulung für die Mitarbeiter. Zwar enthalten die Besuchsberichte noch vereinzelt kleine Fehler – z.B. wird ein falsches Geburtsdatum eingetragen, wie es von den Eltern der Kinder genannt wird, die es oft leider selbst nicht genau wissen - , aber unsere Mitarbeiter haben solche Schwächen erkannt und arbeiten noch intensiver mit den bereits vorhandenen Unterlagen wie Geburtsurkunden usw.
Auch Informationen über schulische und familiäre Ereignisse erreichen uns derzeit in etwas größerem Umfang als früher, und Fragen aus Europa werden gezielter und schneller beantwortet. Danke, Karin!
In den letzten Monaten konnten wir zehn laufende Außenpatenschaften beenden, die meisten davon, weil die jungen Leute inzwischen das Ende ihrer Ausbildung erreicht haben – ein Ziel, von dem sie ohne Patenschaft nur hätten träumen können. Unser Dank gilt ihren Paten, die sie so lange begleitet haben und von denen viele gleich die Patenschaft für ein neues Kind übernahmen.
Carline Noel komplettiert nach der Geburt ihres zweiten Kindes im Mai des Jahres seit Anfang August das Mitarbeiterteam im Gonaiver Patenschaftsbüro wieder. In der Zwischenzeit haben Phélitha Jean-Louis und Wilfrid Durenom sie perfekt vertreten.
Mitte August organisierte Wilfrid für mehr als hundert unserer Patenkinder, alle im Alter von 13 bis 20 Jahren, einen Ausflug mit zahlreichen sportlichen Aktivitäten sowie biblischem und praktischem Unterricht. Ermöglicht wurde dieser besondere Tag durch eine Spende „von Kindern für Kinder“. Auch hierfür sagen wir von Herzen Danke.

Ein neues Auto für Kinderdorf und Patenschaften
Spendenstand per 31.07.07: 33.500 USD

Samstag, 13. Oktober 2007