Donnerstag, 19. März 2009

Patenschaftsprojekt Gonaives


315 Außenpatenschaften, 20 Schulpatenschaften und 5 Externen-Patenschaften, das war der Stand des Patenschaftsprojektes Ende Dezember 2008. Zwanzig neue Außenpatenschaften konnten im Laufe des Jahres vermittelt werden, während zwölf beendet werden konnten – weil das Patenkind seine Ausbildung beendet hat – oder beendet werden mussten – wegen Erreichens der Altersgrenze, weil mehr als eine Schulklasse wiederholt wurde, weil der junge Erwachsene Haiti verließ um sein Glück im Ausland zu suchen, oder weil ein jungen Mädchen bereits zum zweiten Mal Mutter wurde.


Leider war gerade dies 2008 bei immerhin vier Paten-Mädchen der Fall. Unsere „Patenkinder“ werden erwachsen. Inzwischen gehört mehr ein Drittel der vermittelten Jungen und Mädchen der Altersgruppe zwischen 18 und 25 Jahren an. Deshalb legt Wilfrid in seinen Seminaren für die Patenkinder besonders großen Wert auf die Vermittlung von Selbstakzeptanz und Disziplin, gerade im Bereich der zwischengeschlechtlichen Kontakte. Alle zwei Wochen trifft er sich mit einer kleinen Gruppe der jungen Erwachsenen, hat ein offenes Ohr für ihre Fragen und Probleme und ermutigt sie zu einem sorgsamen Umgang mit sich selbst und untereinander, damit sie sich ihre Zukunft nicht verbauen.


Viele dieser jungen Menschen befinden sich auf dem Sprung von der Schule ins Berufsleben, was gerade in Gonaives bedeutet, einen der wenigen verfügbaren Ausbildungsplätze zu ergattern und dann das Geld aufzubringen, die Ausbildung auch bezahlen zu können. Manche Patenkinder können von ihren europäischen Paten hierbei unterstützt werden, andere leider nicht, und auch den fast 30 Jungen und Mädchen, die mittlerweile ihre Unterstützung aus dem „großen Topf“ der Mission erhalten, können wir die Finanzierung einer teuren Ausbildung nicht garantieren. Hier sind wir im Moment dabei, gemeinsam mit unseren haitianischen Mitarbeitern die Grundstrukturen für einen Fonds zu erarbeiten, aus dem zumindest einige Ausbildungen finanziert werden könnten. Wir werden Sie auf dem Laufenden halten.


Noch weit entfernt von diesen „erwachsenen“ Problemen sind die vielen Kinder, die noch auf eine Patenschaft warten. Schweren Herzens haben wir Anfang diesen Jahres wieder fast vierzig Anträge von Kindern aussortiert, die wir aufgrund ihres Alters nicht mehr für Erstvermittelungen berücksichtigen können. Aber die Warteliste bleibt trotzdem lang, und wir möchten Ihnen auch in diesem Heft wieder vier Kinder vorstellen, die uns Anfang diesen Monats aus Gonaives als besonders dringend gemeldet wurden:
Djephena JOSEPH, geb. am 23. Juni 2002, besuchte im Mai 2008, als der Patenschaftsantrag gestellt wurde, die erste Grundschulklasse. Sie hat noch einen kleinen Bruder. Beide Eltern sind arbeitslos. Nur wenn der Vater aushilfsweise irgendwo in seinem Beruf als Mechaniker arbeiten kann, können sie Essen kaufen.
Rood Naidine LILITE, geb. 11. März 2004, hat noch einen Bruder. Beide Eltern haben keine Arbeit und deshalb immer Schwierigkeiten, den Kindern genug zu essen zu geben. Im März 2007, als der Patenschaftsantrag gestellt wurde, besuchte Rood Naidine im ersten Jahr den Kindergarten.*
Wanderley Theen Gutembert OLTIN, geb. 30. Dezember 2004, lebt mit seinen Eltern bei einer Tante. Da weder Vater noch Mutter Arbeit haben, sind die Eltern, wie die anderen vorgestellten Familien, oft darauf angewiesen, dass ihnen Nachbarn oder Freunde Essen geben. Aufgrund der finanziellen Not konnte Wanderley im April 2008, als der Patenschaftsantrag gestellt wurde, noch nicht den Kindergarten besuchen.*
Myderson HONORAT, geb. 20. März 2005, und seine Familie leben ebenfalls „aus dem Glauben“, das heißt in Abhängigkeit von anderen, die ihnen etwas zustecken, weil sein Vater keine Arbeit finden kann, obwohl er einen Beruf (Elektriker) erlernt hat. Der Patenschaftsantrag wurde im Herbst 2007 gestellt, Myderson sollte der Kindergartenbesuch ermöglicht werden.*
* Aktuelle Informationen und neue Fotos der Kinder werden sofort angefordert, wenn wir ihnen eine Patenschaft vermitteln können.
(Barbara Knochel)
Infos zu Patenschaften:
lebensmission@t-online.de oder Tel.: 06341/82331
LEBENSMISSION e.V., Ahornstr. 19, 76829 Landau

Sonntag, 1. März 2009

AKTUELLES (Stand 18.02.09, Heft 1/09)


Aktuelles
(zusammengestellt von B. Knochel, Redaktionsschluss 18.02.09)
Der Provisorische Wahlrat (CEP) hat seine Arbeit im Hinblick auf die Senatswahlen am 19.04.09 Ende des Jahres 2008 aufgenommen. Die Frist für die Aufstellung der Kandidaten wurde zweimal verschoben, wobei es bereits nach Ablauf der ersten Frist zu lautstarken Debatten und ersten Demonstrationen kam. Denn von den 105 Personen, die ihre Kandidatur eingereicht hatten, hatte der CEP 40 abgelehnt, überwiegend aufgrund vermuteter Verstrickungen der Kandidaten in kriminelle Handlungen oder den Drogenhandel, darunter aber auch alle Nominierten der Lavalas-Partei von Ex-Präsident Aristide. Ihnen wurde vorgehalten, dass ihnen die Autorisierung durch Unterschrift des Vorsitzenden der Partei fehlt. Dies ist immer noch Jean-Bertrand Aristide, der seit 2004 im südafrikanischen Exil lebt.
Auch ausländische Politiker und Organisationen meldeten sich zu Wort und beanstandeten, dass mit diesem Total-Ausschluss einem nicht unerheblichen Teil der haitianischen Bevölkerung das Gefühl vermittelt werden könnte, dass ihre Meinung bei der Wahl der 11 Senatoren nicht berücksichtigt würde. Dies würde die Glaubhaftigkeit des gesamten Wahlganges in Frage stellen.
Die erneute Fristverlängerung führte zur Zulassung weiterer 12 Kandidaten – insgesamt bewerben sich nun 77 Kandidaten aus 35 Parteien um die vakanten Senatsmandate – doch wiederum blieben die Lavalas-Vertreter außen vor.

Vertreter des WFP (Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen) haben dringend an die Staatengemeinschaft appelliert, 100 Mio USD für die Nahrungsmittelhilfe für Haiti zur Verfügung zu stellen. Andernfalls werde das Land spätestens im März diesen Jahres seine kompletten Lebensmittelvorräte aufgebraucht haben.

Gonaives
In Gonaives hat die UN die von Minustah-Truppen durchgeführte Ausgabe von Lebensmitteln an die Bevölkerung inzwischen halbiert, weil „die Hälfte der Bevölkerung der Stadt sich inzwischen wieder selbst ernähren kann“. Vorwiegend versorgt werden nach wie vor Schwangere und Kinder unter 1,10 m, so dass viele Hungernde nicht bedacht werden. Oder, wie es ein Journalist formulierte: „Die Kinder bekommen zu essen, aber ihre Eltern sind kurz vorm Verhungern.“
Um das wirtschaftliche Leben in Gonaives wieder anzukurbeln, nachdem ein Großteil der unzähligen Kleinhändler durch „Hanna“ und „Ike“ alle Waren verloren hatte ohne über die nötigen Finanzmittel zu verfügen, um einen neuen Grundstock für ihr Geschäft anzuschaffen, ließ Ministerpräsidentin M. Pierre Louis an 624 Kleinhändler der Stadt jeweils 3.000 hD verteilen. Nach welchen Kriterien diese wenigen ausgesucht wurden, ist nicht bekannt, und es ist sicher auch nur ein Tropfen auf dem heißen Stein, zeigt uns als LEBENSMISSION aber, dass unser Weg, arbeitslosen Gonaivern über unsere Mikrokreditkasse (siehe auch Bericht Seite ) den Start in eine Selbstständigkeit als Kleinhändler zu ermöglichen, richtig ist.

Zweitausend Menschen sollen inzwischen auf Kosten der Regierung damit beschäftigt sein, in den Bergen oberhalb der Stadt Abflusskanäle zu graben, um Gonaives vor künftigen Hochwasserschäden zu bewahren. Ingenieure schätzen allerdings, dass es mit den gegebenen Mitteln voraussichtlich 15 Jahre dauern wird, bis diese Arbeiten den gewünschten Erfolg zeigen.

Währenddessen kommt es immer wieder zu Streiks unter den Lehrern der staatlichen Schulen, die bereits monatelang auf ausstehende Gehälter warten. So wurden Anfang Februar bei Ausschreitungen zwischen den Schülern zweier Gymnasien, die ihre jeweiligen Lehrer unterstützten, 10 Personen zum Teil schwer verletzt.

Von den Regierungen Venezuelas und Kubas finanziert, erhielt Gonaives eine neue Stromzentrale, die am 24.12.2008 in Betrieb genommen wurde und wesentlich zuverlässiger und mehr Strom produzieren soll als die vorherige, hoffnungslos veraltete und überlastete Anlage.
Kinderdorf
Im Vertrauen darauf, dass die neue Stromzentrale es wirklich schaffen wird, täglich 12 Stunden Strom zu liefern, haben wir uns entschieden, auch das Kinderdorf an das städtische Stromnetz anschließen zu lassen. Die ständig steigenden Ausgaben für den Generatordiesel lassen diese einmalige Investition sinnvoll erscheinen. Die Installation soll noch in diesem Frühjahr erfolgen.

Die Renovierungsarbeiten im Kinderdorf gehen weiter. Nachdem im vergangenen Jahr unter anderem die Fenster der verschiedenen Häuser mit einbruchsicheren Gittern versehen und die Gemeinschaftsküche renoviert wurde, wurde inzwischen mit der Erneuerung der maroden Dächer der Kinderhäuser begonnen.
Auch das „Haus Lhérisson“ wird hoffentlich bald für den schon lange geplanten Umzug der erwachsenen Kinderdorf“kinder“ zur Verfügung stehen. Für die letzte Familie von Obdachlosen, die dort untergebracht worden war, wurde inzwischen ein Zimmer angemietet und Geld für die Anschaffung eines gebrauchten Mopeds zur Verfügung gestellt. Dies gibt Jean-François, dem Vater, die Möglichkeit, als Moto-Taxi-Fahrer selbst wieder Geld zu verdienen, um Miete zu bezahlen, seine Familie zu versorgen, und das Bank-Darlehen für jenes Moped zurückzuzahlen, das er bei der Flut verloren hat.


Flutopferhilfe
Die Unterstützung für die Familie von Jean-François gehört zu den Einzelfall-Hilfen, die wir dank der großen Spendenbereitschaft nach „Hanna“ und „Ike“ Flutopfern aus der Nachbarschaft des Kinderdorfes zukommen lassen konnten. 55.000 EUR und 33.000 CHF – das sind die zweckgebundenen Spendenbeträge, für die wir uns an dieser Stelle nochmals herzlich bedanken. 95.000 USD konnten wir bis Ende Januar 2009 für die verschiedenen Hilfsmaßnahmen zur Verfügung stellen. Davon gingen 30.000 USD an unser Kinderdorf für die Ersthilfe direkt nach den Hurrikans, die Versorgung der Obdachlosen bis November und Anschaffungen wie den Ersatz des zerstörten Inverters. Mit weiteren 30.000 USD wurde den Familien aus dem Patenschaftsprojekt und unseren von der Katastrophe betroffenen Mitarbeitern ein Neuanfang ermöglicht und über die Außenhilfekasse und die Ausgabe von „Anti-Hunger-Beträgen“ an 80 Bedürftige Einzelfallhilfe geleistet. Mit 7.000 USD unterstützten wir den Wiederaufbau der schwer beschädigten Schule „Freinet Célestin“, die von einigen der Kinderdorfkinder und vielen Kindern aus den Patenschaften besucht wird, während die Hilfe für die Eltern der Schulkinder in Form der Übernahme der Lehrergehälter und der täglichen Ausgabe einer warmen Mahlzeit im Kindergarten mit 9.000 USD finanziert wird. 11.000 USD erhielt unsere Mikrokreditkasse, um den vielen Kunden, die durch den Verlust ihrer Waren vor dem Nichts standen, die alten Schulden stunden und einen neuen Kredit gewähren zu können. Die Notfallhilfsprogramme der beiden Kirchen von Pastor Denis Noel und Patrice Derrouche konnten mit insgesamt 8.000 USD unterstützt werden.