Mittwoch, 23. Februar 2011

23.02.2011: Wahlkampf in Haiti

Die beiden Präsidentschaftskandidaten in Haiti, die im März die Stichwahl unter sich austragen wollen, haben ihren vierwöchigen Wahlkampf begonnen: Michel Martelly im Norden des Landes, Mirlande Manigat in Cité Soleil, dem größten Slum der haitianischen Hauptstadt und einer Hochburg der Anhänger von ex-Präsident Aristide.
Beide werben für sich mit ihrem Willen nach Veränderung in der drückenden Situation, die Haiti derzeit erlebt, Manigat darüber hinaus mit ihrer wissenschaftlichen Ausbildung, Martelly, dem teilweise sein weltfremdes und aussschweifendes Leben als Künstler zum Vorwurf gemacht wird, mit seiner Lebenserfahrung, die den Titeln von Manigat überlegen seien.

Nicht nur in Haiti, sondern inzwischen auch in Miami demonstrieren immer wieder Lavalas-Anhänger gegen die verzögerte Rückkehr von Jean Bertrand Aristide nach Haiti. Neben der Zustimmung seines Exil-Landes Südafrika benötigt Aristide auch das Einverständnis der USA, die jedoch seine Rückkehr vor der Stichwahl im März als Risikofaktor einstuft.

Dienstag, 22. Februar 2011

22.02.2011: Situation in Haiti


Aus dem OCHA-Bericht zur ersten Februar-Hälfte:

800.000 Erdbebenopfer leben auch nach mehr als einem Jahr noch in einem der insgesamt 1.150 registrierten Camps. Sie haben sich dort so gut es ging häuslich eingerichtet, haben in den großen, von internationalen Organisationen eingerichteten, Lagern zum Teil zum ersten Mal in ihrem Leben Zugang zu Elektrizität und Trinkwasser, und wissen nicht, wohin sie gehen sollten.

Allerdings werden aus 169 dieser Camps Fälle gemeldet, dass Familien gewaltsam vertrieben wurden. Immerhin leben 74 Prozent der Obdachlosen auf privatem Grund und Boden, deren Besitzer natürlich auch Wert darauf legen, wieder über ihr Eigentum verfügen zu können.

Selbst große Organisationen wie Caritas und die Welthungerhilfe berichten jedoch immer wieder, wie mühsam es ist, Land zu erwerben und Unterkünfte für die Menschen zu bauen um sie nach und nach umzusiedeln. Dieser Prozess wird noch viele Jahre andauern.

Aufgrund ständig steigender Preise für Grundnahrungsmittel rechnet die OCHA damit, dass im Frühjahr noch mehr als 3 Millionen Menschen in Haiti auf Lebensmittelversorgung durch Dritte angewiesen sein werden, vor allem in Port-au-Prince, in den Camps, aber auch in den besonders von der Cholera betroffenen ländlichen Gebieten.

Anfang Februar gab es landesweit 100 Cholera-Behandlungszentren und 188, etwas kleinere, Cholera-Behandlungseinheiten. Deren Hauptproblem ist inzwischen die Entsorgung der dort anfallenden Exkremente, die nicht in Kanäle oder Bäche gelangen dürfen. Allein in Port-au-Prince werden zwischen 500 und 900 cbm täglich an der einzigen verfügbaren Mülldeponie angeliefert.

Von 915 Millionen USD, die lt. OCHA zur Deckung der primären Aufbau-Erfordernisse benötigt wurden, sind bisher ca. 9 Prozent (82 Mio) geflossen.

Was uns in diesem OCHA-Bericht besonders freute: Zu lesen, dass Eliette Jean-Beauplans Organisation AFPROG, mit der wir gerade in der Erdbeben- und der Cholera-Hilfe in Gonaives intensiv zusammenarbeiten, als eine von zwei haitianischen Frauen-Organisationen ausgewählt wurde, die von "UN Women" mit insgesamt 80.000 USD in ihrer Arbeit gegen die Gewalt gegen Frauen unterstützt werden!


Montag, 21. Februar 2011

21.02.2011: Aus Haiti

Wohlbehalten aus Haiti zurück sind die beiden Schweizer, die zwei Wochen in Gonaives verbracht haben. Nachdem es während ihres Aufenthaltes leider wieder große Kommunikations-Probleme gab - man merkt erst, wie wertvoll das Internet ist, wenn es einmal nicht mehr funktioniert - werden sie am kommenden Samstag dem Vorstand von ihrer Reise, ihren Kontakten und den Aufgaben vor Ort berichten.
Auch Dieufort Wittmer wird bis zum Wochenende mit aktuellen Informationen zum Hausbau-Projekt zurück in Europa sein.




In Port-au-Prince gibt es vermehrt Demonstrationen vor allem jugendlicher Anhänger von Ex-Präsident Jean Bertrand Aristide. Nachdem Südafrika mitgeteilt hat, dass man seine Ausreise unterstützen werde, fordern die Demonstranten seine schnellstmögliche Rückkehr nach Haiti.

Die U17-Mannschaft Haitis wurde von einem Fußballturnier in Jamaika ausgeschlossen, mitsamt ihren Funktionären unter Quarantäne gestellt und des Landes verwiesen, weil einige der Spieler an Malaria erkrankt waren. Malaria ist nicht ansteckend. Einer der Funktionäre erklärte, er sei schon in vielen Ländern gewesen, aber ein solcher Hass gegenüber Haitianern sei ihm noch nirgends begegnet.

Donnerstag, 17. Februar 2011

17.02.2011: Aufbau Haiti

Am Dienstag dieser Woche trafen sich die beiden Präsidentschaftskandidaten Manigat und Martelly mit Bill Clinton und Jean Max Bellerive, den Vorsitzenden des CIRH (Interims-Kommission für den Wiederaufbau Haitis), um die Gründe für und die Maßnahmen gegen den schleppenden Wiederaufbau Haitis zu diskutieren.
Laut Clinton sind bisher 40 % der zugesagten internationalen Geldmittel ins Land geflossen. Die Prioritäten des Wiederaufbaus klassifiziert er wie folgt: Bildung - Energie- und Wasserversorgung - Landwirtschaft - Gesundheit - Wohnungsbau
Ministerpräsident Jean Max Bellerive fordert vom CIRH die umgehende Freisetzung von 8 Mrd. USD in den nächsten acht Monaten.
Einen ganz eigenen Weg, das Augenmerk der Welt wieder auf Haiti zu richten, geht Jean-Pierre Roy, in Paris lebender Computer-Spezialist aus Haiti: Der Siebenundvierzigjährige gründete einen nationalen haitianischen Skiverband, dessen einziges Mitglied er selbst ist, und startet bei der Ski-WM in Garmisch-Partenkirchen. Das Interesse der Medien ist ihm sicher.....

Bilder vom Shelterbau in La Plaine, Dezember 2010:

























Montag, 14. Februar 2011

14.02.2011: Cholera

Liebe Mitarbeiter der Lebensmission,
die Frauen von AFPROG bedanken sich für die finanzielle Unterstützung unserer Kampagne zur Cholera-Sensibilisierung in Gonaives.
Wir nutzen die Gelegenheit euch mitzuteilen, dass AFPROG am 8. März anlässlich des internationalen Frauentags eine Konferenz zum Thema "RECHTE UND PFLICHTEN DER FRAU" organisieren wird.
Es grüßt euch herzlich,
Eliette Jean-Beauplan
(email vom 14.02.2011)

Donnerstag, 10. Februar 2011

10.02.2011: Politik und Cholera

Die USA zeigen sich besorgt angesichts der immer lauter werdenden Vermutungen, die Rückkehr von Jean-Bertrand Aristide nach Haiti stehe unmittelbar bevor. Man befürchtet eine weitere Schwächung der ohnehin labilen Lage, wenn Aristide, der noch zahlreiche Anhänger in Haiti hat und dessen Parteil Lavalas von den letzten Wahlen jeweils ausgeschlossen bliebt (mangels eines im Land lebenden Spitzenkandidaten), vor der Stichwahl Ende März zurück kommt.
Aristide selbst lässt durch seinen Anwalt verkünden, es käme für ihn nicht in Frage, sich erneut politisch zu betätigen, sondern er wolle sich im Bereich Erziehung und Bildung engagieren.

Die Zahl der Cholera-Toten wird in dem jüngsten Bericht der haitianischen Behörden mit 4.334 angegeben. 220.784 Personen seien an Cholera erkrankt, 121.397 stationär behandelt worden. Niemand weiß, wie lange die internationalen Organisationen das flächendeckende Netz ihrer Cholera-Behandlungszentren noch aufrecht erhalten können, und was mit diesen geschieht, wenn die Träger und Finanziers das Land verlassen.
Aus der benachbarten Dominikanischen Republik werden insgesamt 269 Erkrankungen und 3 Todesfälle gemeldet, aus Venezuela 252 an Cholera Erkrankte. Diese sollen sich bei einer Hochzeitsfeier in der Dominikanischen Republik angesteckt haben.

Dienstag, 8. Februar 2011

08.02.2011: Ruhe in Haiti

Die Entscheidung von Präsident Préval, seine Amtszeit um die maximal zulässigen 90 Tage zu verlängern, kam nicht überraschend. Bereits letzte Woche warnten die Vereinten Nationen daher vor möglichen Demonstrationen und Unruhen in der Hauptstadt und riefen erneut zur Vorratshaltung auf.

Unsere beiden Schweizer Reisenden hatten am Montag einen Termin bei ihrem Botschafter in Port-au-Prince, und waren froh, bereits am Vormittag die Stadt wieder verlassen zu können.
Die Zimmerleute entschlossen sich nach Fertigstellung der Baustelle in Carrefour, noch einige Zeit bei ihrem haitianischen Ingenieur in der Stadt zu bleiben, wo sie am Mittwoch Abend auch mit ihrem "Chef" Dieufort Wittmer zusammentreffen werden, wenn dieser in Haiti ankommt.

Aus Gonaives erhielten wir heute unbestätigte Meldungen, es sei unruhig in Port-au-Prince - die internationale Presse berichtet bis jetzt nur von einer Demonstration von etwa 50 Personen vor dem Präsidentenpalast, die von der Polizei aufgelöst worden sei.

Montag, 7. Februar 2011

07.02.2011: René Préval - das Ende seiner Amtszeit?

NACHTRAG - 21.00 MEZ: Das haitianische Präsidialamt hat mitgeteilt, dass René Préval "wegen der Verzögerungen bei der Wahl seines Nachfolgers" weitere drei Monate (bis zum 14. Mai) im Amt bleiben wird
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Offiziell läuft am heutigen Montag, 07. Februar, die Amtsperiode der regierenden haitianischen Präsidenten Préval ab. Préval selbst hat in der Vergangenheit immer wieder betont, dass er bis Mai 2011 im Amt bleiben werde, wenn er genau fünf Jahre seinen Amtsgeschäften nachgegangen sein wird, da er 2006 mit Verspätung im Amt bestätigt worden war.
Mehrere politische Organisationen haben für heute große Demonstrationen angekündigt, um Préval zum Rücktritt zu zwingen.

Ebenfalls heute wird die Haus-Baustelle in Carrefour abgeschlossen werden können und das Bauteam um die drei deutschen Zimmerleute sich auf den Rückweg nach Gonaives machen, um dort nach der Ankunft von Dieufort Wittmer Mitte der Woche die nächsten Projekte zu planen.
Die Zimmerer berichten, dass in Carrefour noch immer viele Familien unter menschenunwürdigen Umständen leben müssen. Zwar habe eine dänische Gruppe schon vor einiger Zeit zahlreiche Notunterkünfte errichtet, doch seien manche Familien dabei leer ausgegangen, weil sie nicht "zuhause" waren, als die Listen der Bedürftigen erstellt wurden.

Freitag, 4. Februar 2011

04.02.2011

Noch immer wurden keine Prozentzahlen zu den Präsidentschaftswahlen vom November veröffentlicht. INITE, die Regierungsplattform, ließ mitteilen, Jude Célestin habe seine Kandidatur nur zurückgezogen, um Unruhen und eine Blockade der internationalen Hilfsgelder zu vermeiden.

Drei Senatoren und 12 Abgeordnete von INITE wurden im ersten Wahlgang am 28.11. direkt gewählt. Quasi alle anderen sind für den zweiten Wahlgang qualifiziert. Wird der neue Präsident/die neue Präsidentin Haitis gegen bzw. mit ein/em Parlament regieren müssen, in dem die jetzige Staatsführung eine erdrückende Mehrheit hat?

Am kommenden Montag läuft die Amtszeit von Präsident Préval offiziell ab. Noch ist offen, wie es dann weitergeht: Ob er gemäß dem im letzten Jahr verabschiedeten Notstandsgesetz bis zum Mai im Amt bleiben kann, oder ob er termingerecht abtritt und entsprechend den Verfassungsvorschriften der Präsident des Obersten haitianischen Gerichtshofes interimsmäßig - für maximal 90 Tage - die Staatsgeschäfte übernimmt. Doch anscheinend gibt es derzeit gerade keinen solchen Präsidenten des Gerichtshofes, der üblicherweise vom Staatspräsidenten ernannt wird - ein Versäumnis von Préval mit weitreichenden Folgen?

Donnerstag, 3. Februar 2011

03.02.2011: Stichwahl ohne Celestin

Nach einem Tag voller Erwartungen, der trotz allem in Port-au-Prince ungewöhnlich friedlich verlief, hat der Sprecher des Wahlrates mit einiger Verspätung mit der Bekanntgabe der Wahlergebnisse vom 28. November begonnen:

Zur Stichwahl um das Präsidentenamt am 20. März werden Mirlande Manigat (RDNP) und Joseph Michel Martelly (repons peyizan) antreten. Prozentzahlen dieser beiden Kandidaten und des nun doch unterlegenen Regierungskandidaten Jude Célestin wurden in den ersten Berichten nicht genannt.

Bei den Parlamentswahlen wurden drei Senatoren und "etliche" Abgeordnete direkt gewählt. Hier zeichnet sich offensichtlich ein sehr gutes Ergebnis von Célestins Plattform "Inité" ab, die einige Kandidaten direkt durchbrachte und in fast allen Kommunen zu den Stichwahlen antreten darf.
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Während ganz Haiti gestern auf die Wahlergebnisse wartete, sind um die Mittagszeit die ersten Reisenden der Lebensmission für dieses Jahr in Port-au-Prince gelandet: Werner Fankhauser und Marianne Aeppli, beide Vorstände des Schweizer Vereins, wurden vom Flughafen aus direkt nach Gonaives gebracht, wo sie die nächsten zwei Wochen auf dem Gelände der Mission verbringen werden. Ihr "Auftragsbuch" ist gut gefüllt, wie es bei allen der Fall ist, die die Arbeit vor Ort besuchen. So wird es auch bei Dieufort Wittmer sein, der in der kommenden Woche ebenfalls für zwei Wochen nach Haiti reist, um vor allem die Arbeit der Baugruppe voran zu bringen. Wir freuen uns auf die Eindrücke und Informationen, die die vier "Lebensmissionare" (Dieufort wird von seiner Frau Martina begleitet) uns mitbringen werden.

Mittwoch, 2. Februar 2011

02.02.2011: Jean-Bertrand Aristide

Zwei Wochen nach der überraschenden Einreise von Ex-Diktator "Baby Doc" Jean-Claude Duvalier scheint auch eine baldige Rückkehr des einstigen Hoffnungsträgers Jean-Bertrand Aristide nach Haiti möglich.
Das Innenministerium gab bekannt, dass ihm ein Pass ausgestellt würde, sobald ein formeller Antrag von Aristide selbst eingeht. Dies war bis gestern noch nicht der Fall.
Aristide war Anfang der Neunziger Jahre als Sieger aus den ersten demokratischen Wahlen des Landes hervorgegangen. Er musste Haiti aufgrund politischer Unruhen verlassen und kehrte 1994 in sein Amt zurück. In seiner zweiten Amtsperiode ab 2001 war er sehr umstritten, da er seine demokratischen Ursprünge vergessen zu haben schien. Seit 2004 lebt er im südafrikanischen Exil. Seine Lavalas-Partei fordert seit Jahren seine Rückkehr nach Haiti.

Dienstag, 1. Februar 2011

01.02.2011: Wahlkalender

Die Mitteilung der Wahlplattform INITE, ihr Kandidat, Präsidentschaftskandidat Jude Celestin habe seine Kandidatur aufgrund der Vorwürfe von Wahlbetrug zurückgezogen, war offensichtlich nicht mit dem Kandidaten selbst abgesprochen. Nach wie vor fehlt die schriftliche Erklärung von Jude Celestin selbst. Auch der Wahlausschuss hat am Montag mitgeteilt, dass es keinem der Kandidaten erlaubt sei, nach Ablauf einer gewissen Frist auf seine Kandidatur zu verzichten. Celestin nahestehende Gruppen haben bereits die Mobilisierung aller Kräfte angekündigt, um den Wahlrat zu zwingen, die gesetzlichen Vorschriften und "den Willen des Volkes" zu respektieren.

Am 31. Januar wurde der Wahlkalender aktualisiert:
Bekanntgabe der Ergebnisse des ersten Wahlganges am Mittwoch, 02. Februar
Wahlkampagne der beiden Stichwahlkandidaten vom 17. Februar bis 18 März
Stichwahl am 20 März
Bekanntgabe des vorläufigen Wahlergebnisses am 31. März
Bekanntgabe des endgültigen Wahlergebnisses am 16. April
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In eigener Sache:
Zuwendungsbestätigungen 2010
In diesen Tagen werden die letzten Zuwendungsbestätigungen für das vergangene Jahr versandt. Leider fehlen uns nach wie vor sehr viele Anschriften von Spendern. Bitte melden Sie sich bei uns, wenn Sie gespendet haben, aber bis nächste Woche keine Post von uns erhalten. Danke!