Dienstag, 9. September 2008

Gonaives immer noch eingeschlossen

Auch nachdem "Ike" Haiti längst hinter sich gelassen hat, sind die Menschen in Gonaives immer noch auf sich allein gestellt. Auf dem Landweg ist die Stadt, in der mehrere Hunderttausend Menschen direkt von der Flut getroffen wurden, nach wie vor nicht zu erreichen.
In der Stadt selbst steht das Wasser nach Aussage von Joe Aristhyl noch immer kniehoch. Vereinzelt seien Hubschrauben an trockeneren Orten gelandet. Ein Hubschrauber kann nach Angabe eines Piloten maximal Lebensmittel transportieren, die ausreichen, etwa 1.000 Menschen einen Tag lang zu ernähren......

Es geht das Gerücht, dass in den nächsten Tagen mehrere große Schiffe, beladen mit Hilfsgütern, im Hafen der Stadt anlegen sollen......

Für unser Kinderdorf hat das nahegelegene UNO-Camp Nahrungshilfe in Aussicht gestellt, nachdem Joe dort vorstellig wurde und von der großen Not der im Kinderdorf aufgenommenen Familien berichtete. Währenddessen machten sich Joe und ein weiterer Mitarbeiter heute wieder auf den Weg Richtung eines außerhalb gelegenen Ortes, wo angeblich ein Markt abgehalten würde, in der Hoffnung, dort Lebensmitteln einkaufen zu können. Für alle Kinder, Mitarbeiter und Fremde gibt es im Kinderdorf weiterhin eine warme Mahlzeit am Tag, damit geht es ihnen noch viel besser als vielen in der Stadt, die seit Tagen ohne Nahrung auf den Dächern der Häuser ausharren.

Dringend benötigt werden im Kinderdorf auch Trinkwasser - das Regenwasser ist nicht mehr lange trinkbar - und Diesel.

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Wir danken von Herzen für alle bisher eingegangenen Sonder-Spenden.
Sie werden zu 100% den Flutopfern in Gonaives zugute kommen.
Bitte helfen auch Sie mit!

Lebensmission e.V.
Sparkasse SÜW in Landau, BLZ 548 500 10
Konto 22343
Stichwort: Flutopferhilfe

Montag, 8. September 2008

Montag, 08.09.08 - telefonische Informationen aus Gonaives

Joe meldete am frühen Vormittag (Ortszeit), dass der Regen in Gonaives aufgehört hat und die Sonne langsam wieder durchkommt. In den Straßen der Stadt steht das Wasser noch brusthoch, bzw. es steht nicht, es fließt wie ein Fluß überall durch, wo ihm nichts im Weg steht.
Durch "Ike" soll sich vor allem die Situation in der Hauptstadt Port-au-Prince, besonders im Armenviertel Carrefour verschlimmert haben, wo die Zustände inzwischen denen in Gonaives ähneln sollen.
Die einzige Möglichkeit, Gonaives zu verlassen oder in die Stadt hinein zu kommen, sei nach wie vor ein Hubschrauber.

Im Kinderdorf wurde inzwischen mit den Aufräumarbeiten begonnen, d.h. die umgestürzten Bäume werden zerkleinert. Außerdem muss regelmäßig die obere Außenmauer auf Schäden kontrolliert werden.
Allen Kindern, Müttern und Mitarbeitern auf dem Gelände geht es gut, nur die beiden Leiter sind durch den tagelangen Schlafentzug fast am Ende ihrer Kräfte angelangt.

Noch kann das in den Vortagen aufgefangene Regenwasser getrunken werden, man hofft, dass es bald Wasserverteilstellen gibt oder wieder Mineralwasser gekauft werden kann.

Sonntag, 7. September 2008

"Ike" verschont Gonaives nicht

Nachdem der von "Hanna" über das Haiti gebrachte Sturzregen endlich aufgehört hatte und das Wasser in der überschwemmten Stadt zurück zu gehen begann, ein erstes Schiff mit Hilfsgütern für die eingeschlossenen Menschen im Hafen anlegen konnte und man zu hoffen begann, dass bald auch die Straßen wieder für Hilfskonvois passierbar wären, hat "Ike" die Situation in Gonaives noch verschlimmert: Joseph Aristhyl berichtete heute telefonisch aus dem Kinderdorf, dass am Samstag Abend um 20.00 h Ortszeit (Sonntag, 3.00 h MESZ) erneut starker Regen einsetzte, begleitet von Sturmböen, und dass binnen Stunden das Wasser erneut so hoch stand wie unmittelbar nach "Hanna". Wenn man über unsere Mauer schaut, sieht man das Wasser ständig steigen", sagt er, froh darüber, dass es ihm in den Vortagen gelungen war, wenigstens einige Sack Lebensmittel und etwas Trinkwasser zu organisieren. Inzwischen muss zum Trinken bereits wieder auf Regenwasser zurück gegriffen werden.
Ständig müssen am Kinderdorftor Hilfesuchende abgewiesen werden, weil einfach niemand mehr aufgenommen werden kann, eine Situation, die den Mitarbeitern sehr zu schaffen macht. "Man hört von überall her die Hilferufe verzweifelter Menschen, und weiß, dass man ihnen doch nicht helfen kann", so Joe.
Durch die neuen starken Regenfälle sei die Hochbrücke über die Savanne Désolée, die Hauptverbindung in Richtung der Hauptstadt Port-au-Prince, inzwischen gänzlich zerstört.
Auch im Kinderdorf kam es zu neuen Schäden durch umstürzende Bäume, es wurde jedoch glücklicherweise niemand verletzt.

Samstag, 6. September 2008

Helfen Sie den Flutopfern in Gonaives !

Spenden unter dem Stichwort "Flutopferhilfe" erbitten wir auf das Konto der LEBENSMISSION e.V. "Jesus für Haiti", bei der Sparkasse "Südliche Weinstraße in Landau" (BLZ 548 500 10), Konto Nr. 22 343. DANKE!

Bericht aus Gonaives / email vom 06.09., 3.00 h





(Savanne désolée, 05.09.08)

Meine Lieben,
ich melde mich ein weiteres Mal, heute, Freitag, 5. September, mit einigen Informationen, die ihr vielleicht im Internet gelesen habt.
Erlaubt mir, dass ich mich so ausdrücke: Ich hätte es vorgezogen, während dieses großen Ereignisses, das mir, wenn ich das alles sehe, Kopfschmerzen bereitet, nicht hier zu sein. Nachts schlafe ich keine 2 Stunden. Ich lege mich spät hin und erwache früh.
Der Tag des 4. September lässt an einen Hoffnungsschimmer denken. Der Himmel klarte auf und die Sonne kam zeitweilig durch. Der Regen hörte auf zu fallen, und an manchen Stellen begann das Wasser zu fallen. Nicht identifizierbare Gerüche begannen die Nase zu verstopfen. Überall in den Straßen laufen jetzt Leute hin und her und versuchen in ihre Häuser zu kommen, die durch die Kraft des Wassers noch verschlossen sind. Allrad-Fahrzeuge können an manchen Stellen schon fahren.
An einigen Orten, wo das Wasser nicht zu hoch stand, versuchen die Besitzer von Lebensmittellagern in ihre Lager zu kommen um die Schäden zu prüfen. Aus den Lagern von Reis und Erbsen riecht es schon. Es wird auf die Straße geworfen, die Leute weinen durch den aufsteigenden Gestank. Alles ist verloren. Man kann die beträchtlichen Schäden in der Lebensmittelversorgung gar nicht abschätzen.

Ich bin durch einige Gegenden gelaufen, dort wo es ging, und habe nicht identifizierbare Tote, auch tote Tiere wie Ziegen, Schweine, Katzen gesehen. Überall auf der Straße kann man Rufe hören wie „Jeanne war nicht so schlimm.“ „Jeanne“ war nichts im Vergleich zu „Hanna“. Es ist wirklich schrecklich. Gonaives ist vollkommen überflutet. Flutwasser stürzt riesige Bäume um. In einigen Gegenden sind die Häuser vollkommen verwüstet, entweder durch das Wasser oder durch den Wind. Selbst solche, die höher gelegen sind, fielen dem zum Opfer.
Ich habe den Eindruck, dass die Stadt Gonaives isoliert ist. Die Straßen nach Norden sind unterbrochen. Nach Cap, Port-de-Paix und Gros-Morne können keine TapTaps fahren, weil die Brücken zerstört sind. Die Straße aus Anse-Rouge, im Nordwesten von Gonaives, ist blockiert. Gonaives bleibt ohne Hilfe von außen. Derzeit können uns nur Helicopter Hilfe bringen.
In Savanne Désolée konkurriert „Hanna“ mit dem 2004 durch „Jeanne“ entstandenen großen See. Seit der Zeit nach 2004 überquert eine Brücke die Savanne Désolée. Eine Brücke von fast 4 m Höhe, jetzt von „Hanna“ bedeckt. Man sieht sie nicht einmal mehr. Eine Organisation namens FOOD FOR THE POOR setzt mit zwei verfügbaren Booten nur Frauen, Kinder und Alte über. Man ist wie in einem Konzentrationslager.
Aber die Kleinhändler von Süßwaren und kleinen nützlichen Dingen möchten die Zeit jetzt nutzen um reich zu werden. Einige Läden weiter oben, die ein Lebensmittellager hatten, erhöhen die Preise auf das Doppelte.


Ich weiß nicht mehr, wo mir der Kopf steht. Montag Nacht wurde aus unserem Kinderdorf ein Flüchtlingslager. Seit Montag versorgen wir bis heute 120 Personen. Unsere Häuser sind voll und es gibt keinen Platz mehr, noch mehr aufzunehmen. Andere Personen, denen wir schon bei „Jeanne“ zu essen gegeben hatten, kommen um etwas zu essen zu bekommen.
Am Freitag Morgen bin ich früh aufgestanden und habe in höheren Gebieten versucht, ein Lager zu finden. Ich bin bis Poteau gefahren, einen Ort ungefähr 8 km von Gonaives entfernt. Vor dem Hurrikan kam man für 2 hD nach Poteau. Jetzt muss man mehrfach umsteigen. Einen Teil des Wegs muss man zu Fuß gehen. Man muss dabei durch Wasserlöcher hindurch.
In Poteau konnte ich ein Lebensmittellager finden. Ich konnte einen Teil von dem kaufen, was ich brauchte. Aber der Transport durch die Löcher war sehr schwierig. Ich konnte zwei Sack Reis, einen Sack Mais, eine Kiste Öl und einige Dosen Erbsen kaufen. Erst gegen 14 h kam ich, unterwegs seit 9.30 h, wieder im Kinderdorf an.
Die Banken sind noch geschlossen. Man lebt im Stress. Aber wir haben keine Angst. Wir leben mit großer Hoffnung.


Was die Bevölkerung von Gonaives derzeit beschäftigt, ist die Ankündigung, dass am Sonntag eventuell der Hurrikan „Ike“ kommt.
Ich kenne euch sehr gut und weiß, dass ihr für uns betet. Eure Gebete bewirken schon viel und sie werden noch größere Dinge bewirken.
Meine Grüße an alle,

Joe

(Joseph Aristhyl ist der haitianische Leiter der LEBENSMISSION e.V. "Jesus für Haiti" in Gonaives, wo er seit mehr als 20 Jahren im Kinderdorf arbeitet)