Freitag, 6. Juli 2012

06.07.2012: HAITI - Unwetter auf haitianisch

In den letzten Tagen wird man in den deutschen Medien ausführlich über die Wetterkapriolen des Sommers 2012 informiert. Dramatisch hört sich manches an, was man liest und hört. Aber ist das, was wir hierzulande erleben, wirklich so schlimm?
Martina Wittmer schildert in ihrem neusten Blog (habitat-ht.blogspot.com), wie man ein Unwetter in Gonaives erlebt:

Die Saison der Zyklone auf Haiti hat begonnen. Plötzlich aufbrausende heftige Stürme und Regengüsse überraschen uns nun schon zum dritten Mal. Emotional erwarte ich immer noch ein europäisches kuscheliges Zu Hause während es draußen tobt und regnet. Doch die haitianische Realität lehrt mich etwas Anderes.

Auf dem Kinderdorfgelände sind heute 3 Bäume abgebrochen bzw. umgestürzt, Wasser dringt in undichte Fenster und Dächer ein, Strom fällt natürlich augenblicklich aus (kein Licht, kein Fernseher, kein Radio, kein Internet ). Ehrlich gesagt ist das Kerzenlicht nur so lange romantisch, so lange man sich sicher sein kann, dass im Bedarfsfall das elektrische Licht funktioniert. Statt europäischer Gemütlichkeit bangen die Menschen um uns und in ihren Gesichtern kann man die bereits durchlebten Schreckenserfahrungen ablesen. Gonaives wurde in den letzten acht Jahren von zwei heftigen Zyklonen zu 80% überschwemmt. Viele Menschen haben ihr Leben gelassen, die meisten ihr Hab und Gut verloren.

Unsere Straße ist wie alle Nachbarsstraßen mit riesigen Wasserseen überschwemmt, die bis zu einer Woche nach dem Regen anhalten und vielzählige Krankheiten verbreiten, sowie den verhassten Moskitos als Brutstätte dienen. Das Kanalsystem wird zwar ausgebaut, ist jedoch noch längst nicht fertig, andernorts mit Müll verstopft oder schlichtweg fehlkonstruiert. Die Bauarbeiten wurden seit 4 Monaten gestoppt, da die amerikanische Firma mit den Gebern der Entwicklungshilfe streitet. So dringt Wasser in unzählige Höfe und Häuser ein, Betten, Möbel und jegliches Hab und Gut steht über Tage hinweg im Wasser bzw. Müllschlamm. Fotos hiervon zu machen, das würde mich beschämen. So greifen wir zum Eimer und helfen Freunden Wasser aus ihrem Haus zu schöpfen und beherbergen eine Frau mit 2 Kleinkindern, deren Zimmer komplett mit Wasser gefüllt ist.

Bisher kommentierten die Haitianer dies als nur kleine Zyklone. Ehrlich gesagt bin ich nicht wild darauf zu erleben, wenn die Landsleute es als schlimmen Zyklon bezeichnen müssten. Doch gegen Naturgewalten kann man sich im Idealfall vorher nach eigenen Möglichkeiten rüsten, aufhalten werden wir sie nicht können.

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