Dienstag, 23. September 2008

Neues aus Gonaives



„Es ist sehr schwierig, die Situation hier zu beschreiben, es ist ganz anders als 2004. Die Stadt ist praktisch zerstört, es gibt überall auf den Straßen und in den Häusern Tonnen von Schlamm.
Die Verteilung der Lebensmittel endet oft in unbeschreiblichem Durcheinander. Viele trauen sich gar nicht hin.
Unsere Gemeinderäume dienen immer noch vielen Menschen aus dem Viertel als Zuflucht. Sie leiden große Not, es tut weh, ihnen nicht so helfen zu können, wie wir es gerne würden....“
(aus einem email des französischen Missionars Patrice Derrouche, der seit vielen Jahren in Gonaives arbeitet, vom 20. September 2008)

„Ich grüße euch und kann euch mitteilen, dass die Lage bei uns im Kinderdorf soweit gut ist, auch was die sanitäre Situation betrifft, obwohl so viele Flutopfer hier bei uns sind. Mehr als zwei Wochen, nachdem Hanna die Stadt Gonaives verwüstet hat, laufen wir immer noch durch Schlamm und Wasser, obwohl langsam die Aufräumarbeiten beginnen. Mehr als 95% der von der Flut Betroffenen können immer noch nicht in ihre Häuser zurück.
Die Preise für die Grundnahrungsmittel sind unverändert hoch, auch die für Diesel und Benzin. Alles ist sehr teuer.
Über die MINUSTAH werden zwar Nahrungsmittelhilfen ausgegeben, aber dazu braucht man eine Berechtigungskarte. Um diese Karten prügeln sich viele aus der Bevölkerung, so dass es immer noch sehr viele Menschen gibt, die nirgends etwas zu Essen bekommen, wenn sie kein Geld haben, um etwas zu kaufen. Deshalb verhungern jetzt viele Menschen.
Wir haben von der ACF, einer anderen ONG (Nichtregierungsorganisation) aufbereitetes Wasser bekommen. Ich weiß nicht, ob dieses Wasser wirklich trinkbar ist, aber es ist irgendwie behandelt.
Letzten Freitag kamen Ärzte von „Médecins sans Frontières“ ins Kinderdorf und versorgten die aufgenommenen Leute und unsere Kinder medizinisch.“
(aus einem email des Kinderdorfsekretärs Bienné Joseph, vom 22. September 2008)

Am Montag, 22.09., fuhr Joseph Aristhyl, der Kinderdorfleiter, erstmals mit dem Auto nach Port-au-Prince, da das Wasser, das die Landstraße immer noch auf weiten Strecken überflutet hält, inzwischen weit genug gesunken ist, um sie passierbar zu machen. Da die Banken in Hauptstadt geöffnet sind, konnte er dort Geld abheben und Lebensmittelvorräte für die nächsten Tage einkaufen. Auf dem Rückweg begleitete ihn sein Sohn Joderson mit einigen Freunden, die in Gonaives helfen wollen.

Im Patenschaftsbüro melden sich täglich mehr Familien aus dem Patenschaftsprogramm und berichten von ihren Verlusten. Viele haben nicht nur ihre Möbel, ihre Kleidung und die Schulsachen der Kinder verloren, sondern auch die Waren ihres Kleinhandels, mit dem sie ihren Lebensunterhalt verdient haben.

Ihre Spenden werden weiter dringend benötigt:
Unter den Stichworten „Flutopferhilfe“
oder zweckgebunden für „Kinderdorf“, „Patenschaften“ oder „Kreditkasse“ an:
Sparkasse SÜW in Landau
(BLZ 548 500 10)
Konto 22343
oder
Clientis, Sparkasse Zürcher Oberland, 8620 Wetzikon ZH
z.G. Kto. 16. 1. 177. 200 10 (Clearing Nr. 6850)
Lebensmission, Turmstraße 10, 8330 Pfäffikon

Donnerstag, 18. September 2008

Bericht aus dem Patenschaftsbüro Gonaives

„Kein Mensch kann sich vorstellen, wie sich der Hurrikan auf die Menschen in Gonaives ausgewirkt hat. Dank der Gnade Gottes bin ich noch am Leben, sind wir nicht umgekommen, obwohl wir alles verloren haben. Der Zaun um unser Grundstück und die Tür unseres Hauses sind zerstört. Durch das Wasser sind unsere Matratzen verdorben. Ich fand nicht einmal meine Sandalen. Jemand anderes musste mir Kleidung und Sandalen geben. Fast alle Sachen sind im Schlamm verschwunden. Ich versuchte sie herauszuholen und etwas zum Anziehen für mich zu finden, dass ich waschen kann, damit ich zur Arbeit kommen kann.
Die ganze Zeit habe ich bei Verwandten geschlafen, weil mein Haus noch voll Schlamm ist. Ich muss dafür bezahlen, dass der Schlamm weggeräumt wird, damit ich wieder zurück kann. Auch das Fahrrad ging in der Flut verloren. Ich war montags zur Arbeit gekommen, und als ich sah, dass es zu regnen begann, habe ich das Fahrrad genommen, um schneller nach Hause zu kommen. Das Wasser hat es mitgenommen, es hatte solche Kraft, dass es alles mitgerissen hat. Aber wir sind am Leben, dafür sind wir dankbar, und jetzt komme ich wieder zur Arbeit.“

- ein Erlebnisbericht von Phélitha Jean-Louis, einer Mitarbeiterin unseres Patenschaftsbüros, vom 15.09.08. Phélitha ist es ergangen wie Tausenden anderen Gonaivern, doch sie hat wenigstens ein festes Einkommen durch ihre Anstellung bei uns und weiß, dass sie sich nach und nach alles Verlorene wieder anschaffen kann.

Anschließend an ihr eigenes Erleben berichtet Phélitha von sieben Kindern des Patenschaftsprojektes und ihren Familien: Nur eine der Hütten wurde vollkommen zerstört, aber alle sieben Familien haben durch die Flut ihre gesamte Habe verloren, ihr Mobiliar, ihr Geschirr, ihre Kleidung, aber auch die komplette Schulausrüstung der Kinder inklusive des teilweise noch nicht bezahlten Schulgeldes. Ob diese Kinder Anfang Oktober das neue Schuljahr beginnen können? Den Patenschaftsfamilien soll mit einer Sonder-Auszahlung geholfen werden, ihre Verluste zu ersetzen.
(Spendenkonto Deutschland und Schweiz siehe Blog vom 16.09.08)

Die Sicherheitslage in Gonaives verschlechtert sich zusehends. Immer öfter hört man von umherziehenden Banditen, die den Männern und Frauen, die etwas von den raren Hilfsgütern ergattern konnten, diese wieder rauben. Hilfsorganisationen, die Schiffsladungen für die eingeschlossenen Menschen der Stadt zusammentragen, befürchten, dass diese Ware gar nicht zu den wirklich Bedürftigen gelangen werden und hoffen auf eine Verstärkung der UNO-Präsenz, damit Tumulte vermieden werden.

Dienstag, 16. September 2008

Gonaives braucht weiter Hilfe


Obwohl die Sonne seit Tagen wieder scheint und es keine neuen Regenfälle gab, ist Gonaives auch zwei Wochen nach „Hanna“ noch nicht wasserfrei. Zu viele der Abwasserkanäle und Bäche im Stadtgebiet sind von Unrat und umgestürzten Bäumen verstopft, so dass das Wasser nicht ablaufen kann.
Viele Menschen, die sich vor den Fluten auf die Berghänge gerettet hatten, harren immer noch dort aus und kommen nur tagsüber hinunter, um etwas zu essen zu suchen und mit dem Wiederaufbau ihrer Hütte zu beginnen

Die Verteilung der Hilfsgüter, die nach wie vor nur per Hubschrauber oder Schiff nach Gonaives gebracht werden können, läuft endlich richtig an.
Unserem haitianischen Leiter wurde allerdings sowohl von den UNO-Kräften als auch vom Roten Kreuz mitgeteilt, dass das Kinderdorf als ONG (Nichtregierungsorganisation) keinerlei Hilfe erwarten könne. Diese werde nur jenen zuteil, wo es keine ausländischen Gruppen als Finanzgeber gäbe.
Trotzdem soll die Versorgung der 400 Menschen, die täglich eine warme Mahlzeit aus der Kinderdorfküche erhalten, fortgesetzt werden, was dank der bisher eingegangenen Spenden auch möglich ist. Aber sie bleiben somit auch von Ihrer Hilfe abhängig.

Bienné Joseph, der Leiter der Mikrokreditkasse, meldete gestern, dass immer mehr seiner Kunden, die sich mit Hilfe der Kredite einen Kleinhandel aufbauen konnten, kommen und berichten, dass sie nicht nur ihre persönliche Habe verloren haben, sondern dass auch ihre Ware durch die Flut unbrauchbar gemacht oder weggeschwemmt wurde. Sie müssen alle wieder bei Null anfangen. Der in der Kasse noch vorhandene Geldbetrag wird nicht ausreichen, ihnen allen einen Neuanfang zu ermöglichen.

Deshalb erbitten wir weiterhin Ihre Spenden unter den Stichworten „Flutopferhilfe“ oder „Kreditkasse“ an:
Sparkasse SÜW in Landau
(BLZ 548 500 10)
Konto 22343
oder
Clientis, Sparkasse Zürcher Oberland, 8620 Wetzikon ZH
z.G. Kto. 16. 1. 177. 200 10 (Clearing Nr. 6850)
Lebensmission, Turmstraße 10, 8330 Pfäffikon

Freitag, 12. September 2008

Freitag, 12.09. - Neues aus Gonaives



Dieses Foto wurde am Mittwoch dieser Woche aufgenommen, von einem der Begleiter aus der Gruppe um Patrice Derrouche, auf dem Weg von Port-au-Prince nach Gonaives.
In Gonaives selbst steht das Wasser zwar nicht mehr so hoch, aber die Hoffnung, dass bis zum Wochenende alles Wasser abgelaufen sein würde, hat sich zerschlagen, nachdem es am Donnerstag erneut geregnet hat.

Inzwischen sollen die UNO-Kräfte mit der Ausgabe von Nahrungsmitteln begonnen haben, allerdings nur punktuell, unter Bewachung durch hochbewaffnete Militärs, und nicht unbedingt sinnvoll: So wird Reis z.B. sackweise ausgegeben, d.h. einige wenige erhalten viel, viele aber gar nichts. Vertreter der UNO vor Ort warnen vor dem Ausbruch von Unruhen, wenn es nicht bald gelingt, genügend Hilfsgüter in die überflutete Stadt zu bringen.
Darüber hinaus scheinen sich erneut, wie 2004 nach „Jeanne“, bewaffnete Banden zusammen zu rotten, die Gefahr von Überfällen steigt.

Die Leitung des Kinderdorfes verwendet täglich viele Stunden darauf, Lebensmittel für die Kinder und die Mitarbeiter, die bisher wieder zur Arbeit kommen – was leider noch nicht allen möglich ist - , die einhundert Obdachlosen und weitere 300 Personen von außerhalb, für die täglich mitgekocht wird, zu organisieren. Erstmals konnte bei einem Wasserwagen auch ein kleiner Container Frischwasser gekauft werden, der nach Einschätzung von Joe Aristhyl für etwa drei Tage reichen wird. Zur Neige geht inzwischen allerdings der Holzkohle-Vorrat des Kinderdorfes, der unter normalen Umständen bis Ende Oktober gereicht hätte.

Inzwischen kommen täglich mehr und mehr Eltern und Kinder aus dem Patenschaftsprojekt vorbei, um über die Lage in ihrem Viertel zu berichten. Wir hoffen, dass es den Mitarbeitern bald gelingt, sich einen Überblick über das Schicksal dieser 300 Familien zu verschaffen. Bislang konnte aber nur ein Patenschaftsmitarbeiter seine Arbeit wieder aufnehmen, da beide Damen selbst stark von der Überschwemmung betroffen sind.

Die von uns mit finanzierte Schule „Freinet Célestin“, deren Gebäude gleichzeitig als Kirche dient, hat durch ihre massive Bauweise auf einem soliden Fundament dieses Mal den Hurrikan relativ unbeschadet überstanden, nachdem das zuvor genutzte Haus 2004 durch „Jeanne“ völlig zerstört und weggespült worden war. Von Pastor Denis Noel und seiner Kirche (siehe auch 2. Foto im Blog vom 11.09. , im Hintergrund) liegen uns leider noch keine Informationen vor.
Der Schuljahresbeginn wurde angesichts der Katastrophen-Lage im ganzen Land vom 8. September auf den 6. Oktober verschoben (Innenraum der Schule "Freinet Célestin")

Unser herzlicher Dank gilt allen, die uns bisher schon ihre Spende zugunsten der Flutopfer überwiesen haben. Wir hoffen, dass die Banken in Gonaives in den nächsten Tagen wieder ihren regulären Betrieb aufnehmen können und wir eine zweite Zusatz-Überweisung veranlassen können.

Ihre Flutopfer-Spende wird ohne Abzüge nach Haiti weitergeleitet:

Deutsches Konto:
Sparkasse SÜW in Landau
BLZ 548 500 10
Konto Nr. 22 343

Stichwort: "Flutopferhilfe"
Schweizer Konto:
Clientis, Sparkasse Zürcher Oberland, 8620 Wetzikon ZH
z.G. Kto. 16. 1. 177. 200 10 (Clearing Nr. 6850)
Lebensmission, Turmstraße 10, 8330 Pfäffikon






Donnerstag, 11. September 2008

Gonaives - zehn Tage nach "Hanna"

(Sturmschaden im Kinderdorf)





email von Bienné Joseph, Sekretär des Kinderdorfes in Gonaives, vom 10.09.08:

„Liebe Barbara,
nach dem Durchzug von « Hanna » findet man überall in der Stadt Abfälle und es gibt nur noch schlechte Gerüche. Zahlreiche Häuser sind zerstört, was das Vorwärtskommen sehr behindert. Manche Viertel lassen sich vergleichen mit den Vierteln von Unterernährten, wo man stinkende Abfälle findet, die den Weg versperren, und das Wasser steht in diesen Vierteln noch sehr hoch. Außerdem verpesten die Müllhaufen alle Häuser in der Umgebung. Die Situation der Leute, die in der Nähe wohnen, ist wirklich schwierig, die Leute können davon krank werden.

Auch wo es kein Hochwasser mehr gibt, ist es sehr schwierig zum Beispiel zum Krankenhaus zu kommen, wegen der Abfälle und der Löcher in den Straßen der Stadt. Es wäre auch schwierig, wenn ein Patient einen Arzt konsultieren wollte, der selbst von der Flut betroffen ist und seine Ausrüstung verloren hat.
Zum Glück sind unsere Kinderdorf-Kinder, die uns manchmal zwingen, ins Krankenhaus zu gehen, in letzter Zeit nicht krank. Ich danke Gott und bin sehr froh, wenn ich sehe, wie sie alle zusammen im Kinderdorf sind. Ich vermute, dass einige von ihnen die Situation nutzen und neue Freundschaften schließen, weil es viele kleine Kinder im Dorf gibt, die sich vor einigen Tagen mit ihren Eltern hierher gerettet haben.
Ich habe in der Stadt schon ein Fahrzeug von Ärzte ohne Grenzen gesehen, aber es schien nur Erstversorgung von solchen Personen zu leisten, die durch die Trümmer, die das Wasser von „Hanna“ brachte, verletzt wurden.

Auch wenn das Leben im Moment in Gonaives sehr teuer ist, haben unsere Kinder doch wie zuvor zu essen, im Gegensatz zu denen außerhalb, die auf die Verteilung von Lebensmittel-Spenden warten. Man hat gehört, dass in einem anderen Waisenhaus damit begonnen werden sollte, Hilfsgüter an Frauen und Kinder zu verteilen, aber es herrschte große Unordnung und es war so chaotisch mit den Hungernden, dass die Leute nichts bekommen konnten.
Dank eurer tollen Arbeit in Europa und eurer Unterstützung sind die Kinder des Kinderdorfes nicht in einer so bedauernswerten Lage. Deshalb hoffe ich, dass Gott es euch ermöglicht, noch viel Geld zu sammeln, das Kinderdorf braucht es. Ich wünsche, dass Gott euch und eure Familien und unsere europäischen Spender weiterhin segnet, die dazu beitragen, uns zu helfen.
Herzliche Grüße, Bienné“







Telefonische Informationen, ebenfalls vom 10.09.08:


Das Wasser in Gonaives ist inzwischen so weit gesunken, dass man (mit Dieselfahrzeugen) wieder fahren kann, soweit es der Zustand der Straßen zulässt.
Die ganze Stadt ist nach wie vor praktisch ohne Strom.
Außerhalb Gonaives' konnten die Mitarbeiter des Kinderdorfes etwas Diesel erwerben, so dass der Generator wenigstens zeitweise wieder betrieben werden kann. Es ist ihnen auch gelungen, Reis, Bohnen und Sardinen zu kaufen, die Preise steigen unaufhörlich.
Trinkwasser gibt es immer noch keines. Angeblich liegen im Hafen inzwischen mehrere große Schiffe mit Hilfsgütern, wann und wie diese verteilt werden, weiß niemand.
Auch die Zusage des UNO-Verantwortlichen, das Kinderdorf werde mit Lebensmittel aus dem Camp versorgt, wurde noch nicht umgesetzt.
Ein befreundeter französischer Missionar, der zur Zeit der Überflutung nicht in der Stadt war, traf am Dienstag aus Port-au-Prince in Gonaives ein. Für die 150 km aus der Hauptstadt brauchte seine Gruppe 12 Stunden, mit mehrfachem Umsteigen, wo die Straße unpassierbar war und nach einem langen Fußmarsch durch den See vor Gonaives und durch die Stadt. Da in seinem eigenen Haus das Wasser nach "Hanna" zweieinhalb Meter hoch stand, ist er mit seinen Begleitern im Kinderdorf untergekommen, um von hier aus die Arbeiten an seiner Station zu koordinieren.






Unsere Spendenkonten für Ihre Hilfe:
Deutschland:
Sparkasse SÜW in Landau
BLZ 548 500 10
Konto 22343, Stichwort: "Flutopferhilfe"

Schweiz:
Clientis, Sparkasse Zürcher Oberland, 8620 Wetzikon ZH
z.G. Kto. 16. 1. 177. 200 10 (Clearing Nr. 6850)
Lebensmission, Turmstraße 10, 8330 Pfäffikon ZH