Freitag, 4. April 2008

Aktuelles Februar 2008






Aktuelles
(zusammengestellt von B. Knochel, Redaktionsschluss 08.02.08)
Politisch-Wirtschaftliche Situation
Das Jahr 2007 endete in Haiti so, wie es im Grunde die vergangenen zwölf Monate gewesen war: „Eigentlich ruhig, aber....“ : Es gab keinen Umsturz, die Regierung Préval/Alexis ist noch im Amt, wird aber von allen Seiten kritisch beäugt und ist dankbar, dass die UNO-Truppen nach wie vor die Stabilität im Land stützen.
Premierminister Alexis zog in seiner Neujahrsansprache eine durchaus positive Bilanz der Regierungsgeschäfte des vergangenen Jahres in allen Bereichen (Sicherheitspolitik, Verbesserung der Infrastruktur, Schaffung von Arbeitsplätzen, Erziehungswesen), die von den Kritikern in Wirtschaft und Politik vehement in Frage gestellt wird.
In der Tat war weder ein zwischenzeitlich spürbarer Rückgang der Entführungsfälle noch die stolz verkündete Halbierung der Inflationsrate von langer Dauer. Nicht nur, dass über 200 Entführungsfälle für das kleine Land Haiti immer noch viel zu viel sind, im Zuge der massiven Preiserhöhungen im Dezember – bei den Grundnahrungsmitteln teilweise bis zu 100 % - scheinen auch die Kidnapper aus wirtschaftlichen Gründen wieder aktiver zu werden. Niemand vermag zu sagen, wie die Situation aussehen würde, wenn die MINUSTAH hier nicht ständig präsent und aktiv wäre......
Anfang Januar lief offiziell das Mandat eines Drittels der Senatoren Haitis ab. Seitdem liefern sich alle Parteien heiße Debatten darüber, ob diese Volksvertreter eigentlich bis Mai 2008 im Senat bleiben dürfen, weil die Wahlen vor zwei Jahren so lange verschoben worden waren, oder ob es beim regulären Turnus mit Ablösung im Januar zu bleiben hat. Diese Debatte beeinflusst auch die Arbeit des Provisorischen Wahlrates, dessen Präsident, Jacques Bernard, daraufhin zurücktrat und der nun eine Änderung des Wahlgesetzes betreiben soll, wobei noch unklar ist, ob neue Senatoren über dieses Gesetz beraten sollen oder neue Senatoren erst gewählt werden können, wenn das Gesetz verabschiedet ist. Das könnte unter Umständen auch erst lange nach Mai geschehen, denn Neuwahlen hätten noch einmal 3 bis 5 Monate Zeit, wenn das Gesetz in Kraft getreten ist.
Kurz-Infos:
Mehr als 90 Haitianer hat die Dominikanische Republik allein im Januar 2008 nach Haiti abgeschoben.
Ein von den haitianischen Behörden erlassenes Importverbot für Geflügel und Eier aus der Dominikanischen Republik wegen der dort aufgetretenen Fälle von Vogelgrippe führte Anfang Februar zu massiven Spannungen auf politischer Ebene zwischen beiden Ländern.
1.500 Techniker hat die größte haitianische Telefongesellschaft im Juli 2007 im Zuge einer „Modernisierung“ entlassen, statt moderner wurde das System aber immer maroder. Ende des Jahres ging fast nichts mehr, während der Handy-Markt in Haiti boomt wie sonst kaum irgendwo auf der Welt.
75 Millionen Gourdes, d.h. knapp 2 Mio USD, stellte der haitianische Staat in diesem Jahr für die Organisation der Karnevalsfeiern in den größten Städten des Landes zur Verfügung.
Laut Berichten namhafter Wissenschaftler befinden sich im Boden Haitis Erdölvorräte, die um ein Vielfaches größer sind als die Vorkommen in Venezuela (Vergleich: Ein Schwimmbad in Olympiamaßen (Haiti) gegenüber einem Wasserglas (Venezuela)), die aber aufgrund der Lage Haitis im „Hinterhof der USA“ als strategische Reserve der Vereinigten Staaten gelten und nur mit deren Einverständnis ausgebeutet werden dürfen.

Kinderdorf
„Allen unseren Kindern geht es dank der Gnade Gottes gut und sie gehen heute nach einem schönen und erholsamen Wochenende wieder zur Schule......“ Wir sind froh und dankbar, dass viele emails, die wir zum Beispiel montags als ersten Gruß der Woche aus Gonaives erhalten, mit diesen Worten beginnen. Für uns hier in Europa ist es eigentlich normal, dass man nicht krank ist, dass die Wochenenden der Erholung dienen und dass am Montag alle wieder zur Schule oder Arbeit gehen. Aber in Haiti ist das so gar nicht selbstverständlich, sondern auch nach all den Jahren, die das Kinderdorf schon besteht, immer noch ein Grund zur Freude und besonderen Erwähnung.
Inzwischen hat auch Elie seine Ausbildung begonnen. Er hat sich in einer Berufsschule eingeschrieben, wo er in anderthalb Jahren zum Installateur und Elektriker ausgebildet wird. Bis dahin werden auch unsere beiden ältesten Mädchen ihre Ausbildung abgeschlossen haben und wie er ihren Platz im Leben außerhalb des Kinderdorfes suchen.
Seinen Platz bzw. eine gute Anstellung sucht derzeit noch Guirlo Pierre. Wir sind sehr stolz auf ihn, dass er sein schweres Studium durchgezogen hat und sich nun Dipl.-Ingenieur nennen darf. Voll Dankbarkeit seinen Paten und uns gegenüber hat er der LEBENSMISSION als erstes seine Dienste angeboten, gleichzeitig aber von verschiedenen Angeboten berichtet, die ihm haitianische Firmen und Behörden bereits gemacht haben. Wir wünschen ihm, dass er eine gute Wahl trifft, denn wir selbst können ihn nicht seiner Ausbildung entsprechend beschäftigen.
Im letzten Jahr wurde im Kinderdorf bereits mit umfangreichen Reparaturen begonnen. Nicht nur der Kindergarten, auch die „Villa“ – das Gästehaus im unteren Teil unseres Geländes – und das Schulungsgebäude daneben bekamen neue Dächer. Und die Liste der Renovierungspläne ist auch für dieses Jahr wieder lang - unser Dorf ist in die Jahre gekommen! Daneben wurde bereits im Dezember mit der Renovierung des kleinen Wohnhauses begonnen, das unser ehemaliger Pförtner, Fr. Lhérisson, in einiger Entfernung vom Kinderdorf bewohnte und uns noch zu seinen Lebzeiten verkaufte, als er mit seiner Frau wieder im Kinderdorf einzog. Das Häuschen wird von zwei auf vier Zimmer vergrößert und soll in Zukunft einmal Heimat einer Wohngruppe unserer älteren Jugendlichen werden – als erster Schritt hinaus in ein selbstständiges Leben.

Ein neues Auto für Kinderdorf und Patenschaften
Mehr als drei Jahre haben wir für das neue Auto gespart und gesammelt, nun konnte es endlich bestellt werden. Denn zu unserer großen Freude lag der Preis für unser Wunschauto bei der letzten vorsichtigen Anfrage bei einem Händler in Port-au-Prince wesentlich niedriger, als wir veranschlagt hatten. Mit allen Nebenkosten werden wir nicht mehr als 35.000 USD ausgegeben haben, wenn der neue Toyota – vielleicht schon vor Drucklegung dieses Heftes – ausgeliefert wird. An dieser Stelle schon einmal ein herzliches Dankeschön an alle Spender, die uns durch ihre ein- oder mehrmalige Spende geholfen haben, diesen Betrag neben allem anderen, wofür Geld auszugeben war, zusammen zu tragen! Wir hoffen, Ihnen „Ihr“ Auto bald auch im Bild vorstellen zu können. Und natürlich sind wir froh, dass dann nicht mehr jede Fahrt in die Hauptstadt zur Zitterpartie wird und Werkstattbesuche alltäglich sind.

Patenschaften
Auch wenn wir es wieder nicht verwirklichen konnten, jedem unserer Paten eine Weihnachtskarte, ein Foto seines Schützlings und einen Bericht zukommen zu lassen – es hat sich, vor allem dank des bewundernswerten Einsatzes von Karin Rinklin während ihrer Monate in Gonaives, Vieles verbessert, wird übersichtlicher gehandhabt und besser umgesetzt. Auch mit den von Karin entworfenen Fragebögen kamen Phélitha, Carline und Wilfrid gut zurecht. Damit, die Kinder bei den Besuchen auch zu fotografieren, klappt es leider noch nicht ganz so gut, was vor allem daran liegt, dass die Haitianer sich lieber im Sonntagsstaat als in ärmlicher Alltagskleidung fotografieren lassen.
Natürlich erinnern wir unsere Gonaiver Mitarbeiter immer wieder daran, auch die fehlenden Berichte baldmöglichst anzufertigen – was nicht immer leicht ist, weil vereinzelt Patenfamilien aus Gonaives weggezogen sind – oder die restlichen Fotos noch zu schicken.
Die Zahl der Außenpatenschaften hat sich 2007 um insgesamt 29 erhöht und betrug im Juni erstmals über 300. Dabei standen 46 Neuvermittlungen 17 Patenschaften gegenüber, die ausliefen, weil die Kinder die Altersgrenze erreicht hatten (6), ihre Ausbildung beendeten oder abbrachen (6) oder ihr Glück im Ausland suchten (5).

Betriebsgründungskreditkasse (BGK)
Bienné Joseph berichtet selbst (Anfang Januar 2008): „Die BGK funktioniert nach wie vor gut. Wir haben nicht nur viele neue Anträge, sondern auch viele Anträge auf Erhöhung laufender Kredite, denn alles wird in Haiti immer teuerer und um wenigstens einen kleinen Gewinn machen zu können, muss immer mehr Geld für größere Einkäufe ausgegeben werden. Deshalb bete ich zu Gott, dass er euch hilft, auch 2008 wieder neue Spender zu finden, die an der Arbeit dieser Kreditkasse interessiert sind, damit noch viele arme Haitianer die Möglichkeit bekommen, Geld zu leihen und einen Kleinhandel zu beginnen. Mit den 1.000 hD, die wir lange als Höchstbetrag hatten, kann man heute in Haiti nichts mehr auf die Beine stellen“. Um der Teuerung zu begegnen, haben wir schon vor einiger Zeit, den Höchstbetrag auf 2.000 bzw. in Ausnahmefällen auf 4.000 hD verändert. Die Mitarbeiter gehen bei der Auswahl neuer Kunden der BGK sehr sorgfältig vor und begleiten sie bei den ersten Schritten ihrer Existenzgründung. (Siehe auch Berichte zur BGK Seite )

Finanzen
Auch im Namen all derer, denen Ihr finanzielles Engagement in Haiti zugute kommt, möchten wir allen danken, die es uns ermöglicht haben, das Jahr 2007 (in Deutschland) mit einem Spendenzuwachs von 15 % und einem Überschuss abzuschließen, der in die Finanzierung des Autos fließt. Besonders erwähnt seien an dieser Stelle einmal alle, die durch besondere Aktionen Geld für Haiti und das Kinderdorf in Gonaives gesammelt haben: So zum Beispiel die Missionsfreundin aus dem Breisgau, die die Münzsammlung ihres verstorbenen Vaters für den guten Zweck versteigern ließ, der Indoor-Spielplatz in der Südpfalz, der einen Kuchenverkauf organisierte, die Musiker, die an zwei Benefizkonzerten in der Südpfalz an Ostern und Weihnachten statt Eintritt zu nehmen um Spenden baten, die großartigen Briefmarkensammler aus Extertal, oder die Kinder, die in ihrer Jungschargruppe in Sexau, am Martinstag in ihrer Kirche in Mildenau oder vor Weihnachten in ihrem Kindergarten in Gommersheim aktiv wurden. Und diejenigen, die ihre Geburtstags- oder Hochzeitsfeier unter das Motto „Spenden statt Schenken“ stellten. Und alle, von deren besonderem Einsatz wie vielleicht gar nichts erfahren haben – oder die hier vergessen wurden. Es ist großartig, was Sie für Haiti leisten! DANKE!

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